„Das Projekt ist absolut nachahmungswürdig“

Erste Appartementanlage für Menschen mit geistiger Behinderung

GELDERN. Am Anfang war da bei dem ein oder anderen noch etwas Heimweh. Für alle war es schließlich das erste Mal, dass sie von zu Hause ausgezogen sind. Mittlerweile haben sich aber alle gut eingelebt und sind angekommen in ihrem neuen Leben.

Acht Appartements stehen in der Wohnanlage am Nierspark ab Anfang August für Menschen mit geistiger Behinderung zur Verfügung. Acht Wohnungen, die alle abgeschlossen werden können und mit denen auch Pflichten verbunden sind. Wäsche waschen, Briefkasten leeren, oder Essen kochen gehört seit dreieinhalb Monaten genauso zum Lebensalltag der acht Bewohner wie ihre Arbeit in den Behindertenwerkstätten der Caritas.

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Das erste Mal in eine eigene Wohnung

Es ist das erste Mal, dass die Caritas Wohn- und Werkstätten so eine Wohnform anbieten. Die Bewohner sind alle Klienten des Betreuten Wohnen und werden von Betreuern umsorgt. Nach dreieinhalb Monaten können die acht Bewohner zwischen 22 und 41 Jahren erste Rückschlüsse ziehen. Daniel Susen ist begeistert, ganz ohne Eltern zu leben: „Es ist schön ruhig ohne Eltern und man kann gut eine Sause machen”, erzählt der 28-Jährige. Dem schließen sich die anderen Bewohner lachend an. Natürlich gab es am Anfang auch etwas Heimweh, wie Janina Pasen erzählt, „aber mittlerweile haben wir uns gut eingelebt.”

Fühlen sich sehr wohl in den eigenen vier Wänden: Janik Erben, Daniel Susen und Markus Eckhardt. NN-Foto: Dickel

Damit alles gut funktioniert, gibt es in der großen Wohnküche, in der sich alle abends nach der Arbeit treffen, um gemeinsam zu kochen und zu essen, einen Ämterplan: „Auf dem Plan steht genau, wer was machen muss”, so Lena Prange. Am Ende geht jeder in sein Appartement, aber natürlich wird auch öfters abends noch etwas zusammen unternommen. Fußball ist zum Beispiel eine große Leidenschaft von vielen der Bewohner. Gemeinsam werden dann abends noch Spiele geschaut. Da kann es dann auch mal zu Diskussionen kommen, ansonsten läuft es aber friedlich ab, wie auch Monika Hemmers, Koordinatorin beim Betreuten Wohnen, bestätigt: „Einen richtigen Streit gab es eigentlich noch nicht.”

Stattdessen genießen alle die neu gewonnene Freiheit: „Meine Mama hat gesagt, ich sei jetzt alt genug, um auszuziehen”, berichtet Lena Prange. Voller Stolz zeigt sie ihr eigenes Appartement, das sie auch miteinrichten durfte: „Das war gar nicht so einfach”, gesteht Prange. Am Wochenende wird manchmal etwas zusammen unternommen, aber auch Besuche bei den Eltern stehen auf dem Plan: „Das Schöne ist, dass wir hier Sachen zusammen, aber auch alleine machen können”, erzählt Janina Pasen.

„Hier sind sie wesentlich autarker und können vieles selbst bestimmen.”

Zwei Wohnungen der Wohnanlage sind zudem in der freien Vermietung, was bedeutet, das alle Bewohner auch Kontakt zu den Nachbarn haben. Rund um die Uhr sind zur Zeit noch Betreuer da – auch nachts: „Irgendwann wird sich das vielleicht mal ändern, aber zur Zeit ist so immer noch eine Ansprechperson da”, so Hemmers.

Der wichtigste Aspekt an dieser Wohnform sei die Selbstbestimmung, wie Hemmers erklärt: „Hier sind sie wesentlich autarker und können vieles selbst bestimmen.” Dieser Punkt ist vor allem auch für die Eltern eine enorme Entlastung: „Wir sind so froh, dass so ein Projekt aus dem Boden gestampft wurde”, erklärt Monika Erben, Mutter eines Bewohners und fügt abschließend hinzu, „das Projekt ist absolut nachahmungswürdig.”

 

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