Der Heimatfilmer vom Niederrhein

Wolfgang Wilhelmi drehte die Dokumentation „Fossae Drusinae – Römische Wasserwege“. Das Naturforum Bislicher Insel Xanten zeigt sie am 25. November

XANTEN. Wolfgang Wilhelmi liebt die Arbeit mit der Kamera. Und er liebt den Niederrhein. Das ist eine glückliche Kombination. Denn von der Summe beider Leidenschaften profitiert eine ganze Region. „Heimatfilme“ nennt Wilhelmi die informativ-unterhaltsamen Dokumentationen, die er als Ein-Mann-Produktionsfirma recherchiert, dreht, in einer kleinen Ecke seines Wohnzimmers schneidet und vertont. „Andere Leute schreiben oder malen – ich drehe Filme“, sagt der Rentner aus Xanten-Lüttingen, dem man seine 71 Jahre keineswegs ansieht. „Das Filmen hält mich jung“, erklärt Wolfgang Wilhelmi.

Kameras sind seit 1963 Wolfgang Wilhelmis ständige Begleiter. Deshalb hat er auch jedes Modell aufbewahrt. Seine Filme schneidet und vertont er im Wohnzimmer in Lüttingen.
NN-Foto: Michael Scholten

Seine erste Kamera kaufte er 1963. Da war der gebürtige Ludwigshafener 16 Jahre alt. „Mein ganzes Taschengeld ging damals für diese Kamera und hinterher für die 8-Millimeter-Filme drauf“, erinnert sich Wolfgang Wilhelmi. Er hielt Familienfeste und Ausflüge fest, diese Aufnahmen hat er akribisch archiviert und inzwischen digitalisiert.
Von Ludwigshafen zog er nach Essen und Bottrop, 1963 nach Hamminkeln, 1971 nach Alpen-Veen und 1984 schließlich nach Lüttingen. Er wurde Chemotechniker, Vater dreier Kinder und arbeitete als Auditor für Qualität, Umweltschutz und Arbeitssicherheit. Die Liebe zum Film schlief vorübergehend ein, als Videokameras den Markt eroberten und die Schmalfilmkameras verdrängten: „Mit Super-8 konnte man kreativer arbeiten, auch die Bildqualität der Videokameras reichte in den 80er Jahren nicht an die gestochen scharfen Bilder der Schmalfilmkameras heran.“ Erst das Aufkommen digitaler Kameras und moderner Schnittprogramme für heimische Computer brachte die Freude an der Film­arbeit zurück: „Ich habe heute Möglichkeiten, von denen ich früher nur träumen konnte“, sagt Wolfgang Wilhelmi.
Seit 2010 ist er Rentner und konzentriert sich auf die Filmarbeit. Er schuf Dokumentationen über das Fischerhüttenfest oder die 100-Jahr-Feier des Tambourcorps in Lüttingen, drehte Porträts über den Niederrhein-Chronisten Werner Böcking, aber auch über „Xanten, die Perle vom Niederrhein“ oder „Bislich, das alte Dorf am Rhein“. Aktuell arbeitet Wilhelmi an einem Film über die Fischer von Lüttingen und interviewte dafür mehrere Zeitzeugen. Die Premiere soll im Frühjahr 2019 mit einem Open-Air-Kinoabend im Fischerdorf gefeiert werden.
Sein bislang umfangreichstes Projekt ist die Dokumentation „Fossae Drusinae – Römische Wasserwege“. Der 65-minütige Film über die „Drusus-Kanäle“ am Niederrein wurde im Heimatmuseum Bislich uraufgeführt und lief auch in Obermörmter bei der 900-Jahr-Feier. Am Sonntag, 25. November, und am darauffolgenden Sonntag, 2. Dezember, ist der Film auch in Xanten zu sehen: Das RVR-Besucherzentrum Naturforum Bislicher Insel zeigt ihn jeweils um 17 Uhr. Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung unter Telefon 02801/988230 wird empfohlen.
Optisch und inhaltlich orientiert sich „Fossae Drusinae“ an großen Vorbildern wie der ZDF-Reihe „Terra X“. Fünf Jahre lang ging Wolfgang Wilhelmi auf Spurensuche nach Resten jener Kanäle, die der römische Heerführer Nero Claudius Drusus (er lebte nur von 38 bis 9 vor Christus) auch am Niederrein anlegen ließ. Sie bildeten eine „Schnellstraße“ für Truppen und Güter bis zur Nordsee.
Wilhelmi drehte dafür auf der linken und der rechten Rheinseite, in Wesel, Flüren, Bislich, Lüttingen, Vynen, Hönnepel, Grieth, Haffen-Mehr und Hochelten. Ausgangspunkt seiner Recherchen waren mehr als 100 Jahre alte Aufsätze der Heimatforscher Franz Bens, William Huverstuhl und Robert Scholten. Die Stadtarchive in Wesel, Emmerich und Rees sowie das Stiftsarchiv in Xanten halfen mit Kartenmaterial, Schriften und Fotos weiter.
„Ich stelle im Film keine Behauptungen auf, ich beschreibe alles in der Möglichkeitsform und liefere Fakten für meine Thesen“, sagt Wolfgang Wilhelmi. So will er die gängige These, die Römer seien am Unteren Niederrhein nicht auf der rechten Rheinseite gewesen, nicht einfach hinnehmen: „Die Römer haben mit Sicherheit die wenigen Berge in der Region benutzt, also auch den Eltenberg. Das ist nur noch nicht ausführlich erforscht worden.“ Wenn die Emmericher Bürger diesen Punkt mit Wolfgang Wilhelmi diskutieren möchten, zeigt er seinen Film gern im Rheinmuseum. „Wir haben dafür noch keinen Termin gefunden, aber generell zeige ich meine Filme überall dort, wohin ich eingeladen werde“, betont der Dokumentarfilmer.
Aktuell denkt Wolfgang Wilhelmi über eine Serie mit dem Titel „Dörfer vom Niederrhein“ nach. Die gute Zusammenarbeit mit der Reeser Stadtarchivarin Tina Oostendorp hat sein Interesse an weiteren rechtsrheinischen Orten geweckt: „Ich habe bereits im Reeser Ortsteil Bienen gedreht und bin von Frau Oostendorp gebeten worden, auch einen Film über Millingen, Hueth und Empel zu produzieren.“ Als „Auftragsfilmer“ sieht sich Wilhelmi aber nicht: „Ich mache das nicht, um Geld zu verdienen, und kann auch keine festen Termine für die Fertigstellung meiner Filme nennen. Ich lese mich in die Geschichte der Orte ein, halte die Schönheit der Landschaft und der Sehenswürdigkeiten fest und gebe die Filme erst dann heraus, wenn ich mit dem Ergebnis zufrieden bin.“

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