Experten wollen die Demenz aus der „Tabuzone“ holen

Der „Runde Tisch Demenz“ lädt zum Aktionstag am Dienstag, 25. September, ein

XANTEN/SONSBECK. „Leben mit Demenz: Wie wollen wir in Zukunft in Sonsbeck und Xanten leben?“ fragt der „Runde Tisch Demenz Rheinberg-Alpen-Xanten-Sonsbeck“ am Dienstag, 25. September. Von 16.30 bis 18.30 Uhr haben Besucher die Gelegenheit, sich in der Mensa des Xantener Stiftsgymnasiums, Poststraße 14, mit Fachleuten über das Thema Demenz auszutauschen und mehr über regionale Beratungsstellen und Fachärzte zu erfahren.

Bettina Schilling (links), Margret Hennewig-Schnock und Udo Bienefeld werben für den den Aktionstag „Leben mit Demenz“ in Xanten. Prominente Unterstützer sind Bürgermeister Heiko Görtz und sein Sonsbecker Amtskollege Heiko Schmitz
NN-Foto: Scholten

In Deutschland sind derzeit 1,6 Millionen Menschen an Demenz erkrankt. Doch das Thema wird weitgehend tabuisiert, verdrängt oder verschwiegen. „Sobald es um den Kopf geht, haben die Betroffenen oder ihre Angehörigen Sorge, in der Öffentlichkeit als ,bekloppt‘ dazustehen“, bringt es Margret Hennewig-Schnock auf den Punkt. Sie arbeitet für das Demenz-Servicezentrum Niederrhein und gehört zum Organisatorenteam des Aktionstages.
„Unser Ziel ist es, dass die Menschen frühzeitig uns oder ihren Arzt kontaktieren, wenn sie bei sich, bei Angehörigen, Freunden oder Nachbarn erste Anzeichen von Demenz feststellen“, sagt Bettina Schilling von der Gerontopsychiatrischen Beratungsstelle des Kreis Wesel im St. Josef Krankenhaus Moers und St. Nikolaus Hospital Rheinberg. „Demenz lässt sich nicht mit Medikamenten heilen, es gibt aber sehr wohl Medikamente, die den Prozess der Altersdemenz aufhalten können“, betont Bettina Schilling. Umso wichtiger sei es, keine Zeit zu verlieren und den Besuch bei Ärzten und Beratungsstellen nicht zu scheuen.
„Hemmschwellen abzubauen, ist ein wichtiger Teil unserer Arbeit“, sagt auch Udo Bienefeld von der Seniorenresidenz Burg-Winnenthal. Umso mehr freut er sich, dass mit Xantens Bürgermeister Thomas Görtz und Sonsbecks Bürgermeister Heiko Schmitz zwei prominente Unterstützer für den Aktionstag am 25. September gewonnen werden konnten. „Wir machen gern mit, um die Bedeutung des Themas zu unterstreichen und für zusätzliche Aufmerksamkeit zu sorgen“, sagt Thomas Görtz. Heiko Schmitz ergänzt: „Da immer mehr Menschen ein hohes Alter erreichen, wird in Zukunft auch das Krankheitsbild der Demenz noch häufiger auftreten als heute. Da müssen wir uns auch als Gemeinden fragen, wie wir mit dieser Herausforderung umgehen wollen.“
Bettina Schilling kennt die Angst vieler Betroffener, dass die Diagnose Demenz gleichbedeutend sei mit einem Umzug ins Altenheim: „Unser Motto lautet aber: ambulant vor stationär.“ Es gebe zahlreiche ambulante Pflegedienste, die den Demenzkranken die Möglichkeit bieten, weiter im privaten Umfeld zu leben. Auch Kurzzeitpflege könne eingerichtet werden, damit die Angehörigen auf Zeit entlastet werden. „Wer zu Hause einen Demenzkranken pflegt, hat einen 24-Stunden-Job, weil der Tag-und-Nacht-Rhythmus komplett durcheinandergerät“, sagt Margret Hennewig-Schnock.
Der „Runde Tisch Demenz“ ist ein freier Zusammenschluss von Einzelpersonen, Einrichtungen und Diensten, die sich in der Beratung, Betreuung und Pflege von Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen engagieren. Da die bisherige Öffentlichkeitsarbeit durch Vorträge und Flyer nicht den gewünschten Erfolg zeigte, haben sich die Fachleute und Beratungsstellen aus Rheinberg, Alpen, Xanten und Sonsbeck nun zum großen Aktionstag in Xanten entschieden, um den Austausch zwischen Bürgern und Experten zu fördern.
„Wenn man in den Keller geht, um drei Dinge zu erledigen, und eines der selbstgesteckten Ziele vergisst, das ist noch keine Demenz“, beruhigt Bettina Schilling. „Deutliche Anzeichen sind aber, wenn ständig Termine und Namen vergessen, immer wieder die Schlüssel verlegt oder sogar die Schuhe in den Kühlschrank gestellt werden.“ Wenn diese Fälle dann auch noch vehement geleugnet werden, sei das umso mehr ein Anzeichen für die Demenz, die insbesondere bei Menschen ab 65 Jahren auftritt.
„Wir wollen auch das soziale Umfeld der Betroffenen sensibilisieren“, sagt Sonsbecks Bürgermeister Heiko Schmitz. Denn manchmal seien es gerade die Ehepartner oder erwachsenen Kinder der Betroffenen, die eine Demenz in ihrer Familie bewusst vor der Öffentlichkeit verstecken wollen. „Als Bürgermeister gratuliere ich oft und gern älteren Jubilaren“, nennt Görtz ein Beispiel. „Da kommt es durchaus vor, dass Familien diese Ehre ablehnen, weil sie Angst haben, dass der alte Vater oder die alte Mutter Sachen sagen, die den Angehörigen unangenehm sein könnten. Ich verstehe dieses Schamgefühl aber nicht, weil ich es gut finde, wenn die Jubilare aussprechen, was sie sagen möchten.“
Die Veranstaltung am Dienstag, 25. September, ist kostenfrei. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Weitere Informationen gibt Bettina Schilling unter Telefon 02843/179148 oder 02841/1076843.

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