Petition für mehr Ärzte

Die ärztliche Versorgung auf dem Land ist nicht zufriedenstellend / Das berichten auch zwei Mediziner

KLEVE. Volle Wartezimmer, zu wenig Zeit für Patienten: So sieht die Situation in Arztpraxen vor allem im nördlichen Kreis Kleve derzeit aus – und die Problematik spitzt sich immer weiter zu „Wir haben in Kleve in allen Fachgruppen eine starke Überalterung der Ärzteschaft. Rund die Hälfte meiner Kollegen werden in den nächsten fünf bis zehn Jahren in Rente gehen. Dabei ist die ärztliche Versorgung in Kleve schon jetzt bedroht”, sagt der Klever Kinderarzt Dr. Wolfgang Brüninghaus.

Kinderarzt Dr. Wolfgang Brüninghaus (hinten links) und der Allgemeinmediziner Dr. Kai Schirrmacher (r.) kämpfen gemeinsam mit Müttern der Elterninitiative für bessere Zustände. NN-Foto: Rüdiger Dehnen

Seit mehr als drei Jahren kämpft der Mediziner gemeinsam mit der Elterninitiative „Mehr Kinderärzte für den Kreis Kleve” dafür, dass diese Problematik angegangen wird. Erst im Juli übergaben sie dem Kreis Klever CDU-Bundestagsabgeordneten Stefan Rouenhoff eine Petition mit fast 4200 Unterschriften, die eine bessere kinderärztliche Versorgung einforderte. „Unsere Arbeit hat dazu geführt, dass nun – egal ob in der Politik oder der Kassenärztlichen Vereinigung – keiner mehr abstreitet, dass es Probleme in der ärztlichen Versorgung auf dem Land gibt”, sagt Brüninghaus

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Um dem weiter Nachdruck zu verleihen, starteten die Elterninitiative und Brüninghaus eine weitere Petition. Dieses Mal sammeln sie darin bundesweit Unterschriften für eine bessere ärztliche Versorgung in ländlichen Regionen für alle Arztgruppen. „Denn Landregionen werden zurzeit vernachlässigt. Laut Bedarfsplan durch den Gemeinsamen Bundesausschuss sind wir in Kleve nicht unterversorgt, obwohl ein Arzt in Kleve schon jetzt doppelt so viele Menschen versorgen muss, als ein Arzt in Düsseldorf”, sagt Brüninghaus.

Genau diese Problematik führe dazu, dass sich junge Ärzte nicht in Kleve niederlassen wollen. Das hat auch der Klever Allgemeinmediziner Dr. Kai Schirrmacher bereits beobachtet. „Früher musste ein junger Arzt, der sich niederlassen wollte, einem Arzt seine Praxis abkaufen. Heute reicht schon der obligatorische Euro, weil der Arzt froh ist, wenn er überhaupt einen Nachfolger findet”, berichtet Schirrmacher. Ein Grund sei die Überbelastung. „Welcher Arzt will sich denn regelmäßig eine 50/60 Stundenwoche antun, weil er so viele Patienten zu versorgen hat?”, fragt Brüninghaus und ergänzt: „Die ältere Generation an Ärzten, die das einfach mitgemacht hat, hat das System aufrechterhalten. Aber den jungen Ärzten heutzutage ist es auch wichtig, Freizeit und vor allem Zeit für die Familie zu haben.”

Schon jetzt gerate das System ins Wanken. „Es gibt nur noch zwei Hausärzte, die überhaupt neue Patienten aufnehmen”, verrät Schirrmacher. Dabei gäbe er als Arzt bereits sein Möglichstes. „Wir wollen aber auch noch Zeit für unsere Patienten haben. Doch wenn wir zu viele aufnehmen, können wir das nicht mehr umsetzen”, erklärt Schirrmacher.

Weitere Probleme lägen zudem darin, dass alles – vom Rezept bis zur Behandlung des Patienten – budgetiert ist. „Unsere komplette Gesundheitsversorgung ist nicht darauf ausgelegt dem Menschen zu helfen, sondern sie ist nur kostenorientiert”, bemängelt Brüninghaus. Das werde die Petition auch nicht in den nächsten Wochen oder Monaten ändern können. „Aber wir fordern gleiche Rechte in der Bedarfsplanung. Kurzfristig könnte man uns schon mit kleinen Maßnahmen helfen. Zum Beispiel, dass die Fördergelder für die Ausbildung eines Assistenzarztes zahlenmäßig begrenzt werden, damit wir einen möglichen Nachfolger für unsere Praxen ausbilden und direkt integrieren können”, sagt Brüninghaus. Übervolle Arztpraxen sollen so mal ein Ende haben.

Den Link zur Petition gibt es online unter http://www.ei-kleve.de.

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