ALPEN. „Die Not findet häufig hinter verschlossenen Türen statt“, weiß Pfarrer Dietmar Heshe von der Katholischen Kirchengemeinde St. Ulrich. Es ist ihm wichtig, dass Hilfsbedürftige wissen, dass sie Unterstützung bekommen können. Dazu müssen sie den ersten Schritt tun und um Hilfe bitten.
„Das ist leichter gesagt als getan“, kennt Josef Francken die Situation von Notleidenden bestens aus seiner jahrelangen Beratungspraxis für den Caritasverband Moers-Xanten. In Alpen ist er seit Jahren Ansprechpartner für allgemeine Sozialberatung. Persönliche Gespräche können Menschen – unabhängig von Alter, Nationalität oder Glauben – im Familienzentrum St. Ulrich (Ulrichstraße 12 a) mit ihm führen. Bisher montags, seit Neuestem immer dienstags ist er von 10 bis 11 Uhr in der Einrichtung anzutreffen. „Ratsuchende können ohne Voranmeldung zu mir kommen“, fordert er auf und stellt klar: „Im geschützten Raum finden die Gespräche statt, auf Wunsch natürlich auch anonym und selbstverständlich streng vertraulich und kostenlos“, erläutert er das Angebot. Er spricht von seiner „Anlaufstelle“ als „Clearingstelle“, seine Aufgabe sei es, Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen, Kontakte herzustellen zu Stellen, die weiterhelfen können. Die Probleme, die ihm herangetragen werden, sind vielschichtig: finanzielle Schwierigkeiten, Drogen, Wohnungsnot, Probleme mit Behörden und Ämtern, Schulden, drohende Arbeitslosigkeit – manchmal auch ein Mix aus alledem. Für existentielle Nöte gibt es häufig schnelle Hilfe: Einkaufsgutscheine, die die Caritaskonferenz Alpen zur Verfügung stellt (sie finanziert auch das Beratungsangebot in Alpen), Überbrückungsdarlehen, wenn der Gerichtsvollzieher vor der Türe steht. Andere Probleme sind komplexer, nicht so schnell zu lösen. Doch auch hier gelingt es Francken meist, Wege aufzuzeigen und andere Institutionen einzubinden, mit denen er gut vernetzt ist.
Dauerthema: Bezahlbarer Wohnraum
Francken ist sehr erfahren in seinem Job und ärgert sich, dass einige Probleme schon seit sehr langer Zeit bekannt sind, sich aber nichts an der Situation ändert. So ist das Thema „bezahlbarer Wohnraum“ ein Dauerthema in Alpen (aber auch insgesamt im ländlichen Raum). „Wir werden nicht müde, Gespräche mit der Gemeinde zu suchen und lassen nicht locker, bis bezahlbarer Wohnraum für junge Familien oder ältere Menschen geschaffen wird“, unterstützt ihn Pfarrer Heshe und verweist auf Anträge der beiden Kirchengemeinden mit ebendieser Forderung.
„Vielen ist nicht bewusst, dass nur günstige Wohnungen für Hartz IV Empfänger gezahlt werden, die sind aber nur außerhalb zu finden, meist Altbauten, die jede Menge Nebenkosten nach sich ziehen, die dann von den Menschen selbst gezahlt werden müssen“, legt Francken den Zeigefinger in die Wunde. Und er legt nach, unterstüzt von Anne Willrodt, Leiterin Wohnungs- und Existenzsicherung beim Caritasverband. „Das Geld für Schuldnerberatung ist durch den Kreis Wesel zusammengestrichen worden. Es gibt jetzt nur noch in Kamp-Lintfort eine Stelle, bei der sich Schuldner beraten lassen können“, erläutert sie mit dem Verweis, dass es ja immer mehr Menschen (vor allem junge) mit Schulden gibt. Francken hat oftmals mit Menschen zu tun, die nicht wissen, wie sie ihre Schulden begleichen können. Er erläutert: „Sie drohen dann auch ihre Arbeit zu verlieren, wenn sie zusätzlich zu den Pfändungbescheiden, die dem Arbeitgeber vorliegen und diesem zusätzliche Arbeit bereiten, auch noch unkonzentriert arbeiten, weil sie vor Sorgen nicht mehr schlafen können. Sie geraten in einen Teufelskreis. Und nur arbeitslose Menschen, die Anspruch auf Hartz IV haben, erhalten einen Gutschein für eine Schuldnerberatung. Arbeitnehmer nicht!“
Beschämend: Kinderarmut
Francken sieht sich auch als Vermittler zwischen Notleidenden und Behörden und fordert zum Umdenken auf: „Der Deutsche Kinderschutzbund schätzt die Zahl der in Armut lebenden Kinder auf 4,4 Millionen in Deutschland. Diese gerade veröffentlichte Zahl liegt deutlich höher als bisher angenommen. Wir müssen uns doch fragen, woran das liegt“, und Francken nennt einen Grund, der ihm in der Praxis häufiger begegnet: „Wenn der Antrag auf Kindergeld irgendeinen Fehler aufweist, wird er bei der Familienkasse erst mal zu den Akten gelegt, bis er nach Wochen bearbeitet wird. Den Eltern fehlt das Geld, denn der Hartz IV Anspruch wird ja entsprechend des Kindergelds gekürzt. Das macht bei einem Kind pro Monat 194 Euro aus, die im Familienbudget fehlen. Bei Härtefällen springt auf meine Empfehlung dann schon mal die Aktion Lichtblicke ein. Aber das kann doch nicht sein, dass die Behörden nur nach Aktenlage arbeiten und nicht den Menschen im Mittelpunkt sehen.“
Sozialberatung
Josef Francken vom Caritasverband Moers Xanten berät kostenlos, vertraulich und auf Wunsch anonym
dienstags von 10 bis 11 Uhr
im Familienzentrum St. Ulrich, Ulrichstraße 12 a, Alpen
telefonisch ist er zu erreichen unter 02801 984 724