REES. Lange Gesichter auf Haus Aspel am vergangenen Sonntag. Gerade hatte Heiner Frost, künstlerischer Leiter der Konzert­reihe „reeserviert“ und des Halderner Kammerchors, verkündet: „Dies könnte das letzte Klassik-Café gewesen sein.“ Der Grund: Die Veranstaltung ist zu teuer, und die Stadt Rees will Geld einsparen. Doch inzwischen gibt es wieder einen Hoffnungsschimmer.

Zunächst aber mal deutete vieles darauf hin, dass Konzert-Veranstaltung ausgerechnet im 20. Jahr ein Ende finden würde. Das Klassik-Café besteht seit 1998, fand erstmals im Rahmen einer Opern-Aufführung auf Haus Aspel statt. Während die Oper eine einmalige Sache blieb, etablierte sich das Café, erfuhr einen immer größeren Besucherzuspruch und hat sich längst „verselbstständigt“, wie es Heiner Frost formuliert. Dann kam die Nachricht aus dem Rathaus. „Die Stadt hat mir mitgeteilt, dass die Kosten zu hoch sind und 50 bis 60 Prozent eingespart werden sollen“, berichtet Frost. „Das würde bedeuten: Entweder haben wir eine Bühne ohne Musik oder Musiker, die keiner hört, weil wir keine Bühne haben.“ Rund 5.000 Euro kostet das Klassik-Café, jeweils etwa die Hälfte muss für die Musiker und für die Bühne samt Technik sowie Bestuhlung und Kühlwagen aufgebracht werden. Neben der Stadt Rees ist die Sparkasse Rhein-Maas als Sponsor mit im Boot.

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Frost aber sieht kaum Einspar-Potenzial und betont: „Zuletzt haben die 2.500 Euro, die wir von der Stadt bekommen, nicht gereicht. Wir mussten rund 2.700 Euro bezahlen. Man muss aber auch klar sagen: Wir sind mit unserem Sponsor, der Sparkasse, kein Sparverein. Für Musik muss man nun mal Geld in die Hand nehmen.“ Er ist überzeugt: „Man kann kein Klassik-Café organisieren, bei dem am Ende eine Null rauskommt.“ Frost rechnet vor: „Wir brauchen für die Konzerte beispielsweise immer einen Flügel. Allein für Miete, Transport und das Stimmen zahlt man in der Regel zwischen 700 und 1.000 Euro. Nun haben wir das Glück, das wir das Ganze seit Jahren für kleines Geld bekommen – dort sparen wir also bereits.“ Auch bei den Gagen für die Musiker könne man nicht ansetzen: „Zuletzt hatten wir ein 15-köpfiges Streichorchester, die haben 80 Euro pro Kopf genommen – und das ist schon keine besonders üppige Gage.“

„Wir sind mit unserem Sponsor doch kein Sparverein“

Mölleken bringt derweil ein mögliches kleines Eintrittsgeld ins Spiel. Während Frost anmerkt, dass man dazu ja quasi Haus Aspel absperren müsste, sieht die Reeser Kulturchefin dieses Problem nicht. „Es gibt nur eine Zuwegung, da wäre es sicherlich möglich, Eintritt zu erheben.“ Sie verweist auch auf das Beispiel der Weihnachtsmärkte in der Region, etwa auf Schloss Moyland. „Als dort auf einmal Eintritt erhoben wurde, gab es auch erst viele Diskussionen. Inzwischen wird es akzeptiert.“ Dagegen bleibt Frost bei diesem Thema rigoros: „Der Eintritt ist frei – war es immer, soll es auch weiter bleiben.“Wie aber nun beim Klassik-Café sparen? Bei der Stadt regt man an, beispielsweise die Einnahmen aus dem Kuchenverkauf zum Teil zur Deckung der Kosten zu verwenden. Ob da der Kammerchor – seine Mitglieder backen die Kuchen selbst – aber mitspielt, darf bezweifelt werden. „Mit den Einnahmen finanziert sich der Chor selbst, zahlt beispielsweise die Anschaffung neuer Noten und finanziert eigene Veranstaltungen“, erläutert Frost. Im Grunde werde damit alles finaniert, was bei „reeserviert“ mit Musik zu tun habe.

Doch weshalb kommt das Klassik-Café überhaupt auf den Prüfstand? „Wir prüfen regelmäßig unser komplettes Programm“, erläutert die Reeser Kulturamtsleiterin Sigrid Mölleken, „und schauen beispielsweise, bei welchen Veranstaltungen das Interesse des Publikums nachlässt.“ Das sei beim Klassik-Café zwar nicht der Fall, „es ist aber mit Abstand die teuerste Veranstaltun“, sagt Mölleken und ergänzt: „Wir möchten ein möglichst breites und vielfältiges kulturelles Programm anbieten, für das wir nur ein bestimmtes Budget zur Verfügung haben.“ Nun möchte die Stadt ihren Etat für die Kulturförderung im kommenden Jahr nicht kürzen, gleichzeitig aber im Rahmen des „Reeser Erlebnissommers“ – zu dem auch das Klassik-Café zählt – neue Veranstaltungen einführen. „Wir planen zurzeit vier bis fünf Musikveranstaltungen, die jeweils am Sonntagnachmittag auf dem Markt stattfinden sollen“, verrät Mölleken. Diese sollen nicht zuletzt mit heimischen Musikern besetzt werden, Arbeitstitel „Marktkonzerte“.

„Es ist die mit
Abstand teuerste
Veranstaltung“

Bei der Stadt betont man, dass man das Klassik-Café gerne erhalten möchte (Mölleken: „Es liegt uns am Herzen“) und hoffe, zu einer für alle Beteiligten einvernehmlichen Lösung zu kommen. Ende August soll es dazu ein Gespräch geben, an dem auch Bürgermeister Christoph Gerwers teilnehmen will. Doch stellt Mölleken angesichts der weiteren kulturellen Veranstaltungen – Stichwort „Marktkonzerte“ – auch klar: „Der ‚Reeser Erlebnissommer‘ würde auch ohne das Klassik-Café Bestand haben.“ Steht das Open-Air-Konzert auf Haus Aspel nun also tatsächlich vor dem Aus? Zumindest für 2019 scheint die Veranstaltung nun gesichert, wie Frost berichtet. So habe die Sparkasse angedeutet, über eine mögliche Erhöhung des Sponsorings nachdenken zu wollen, um das Café zu erhalten. Auch hat ein Veranstalter aus der Region angedeutet, unter Umständen eine Bühne kostenlos zur Verfügung zu stellen. Das wäre sicherlich ganz im Sinne der Stadt – doch ob man in diesem Fall tatsächlich von Einsparen sprechen kann, bezweifelt Frost: „Wenn jemand uns kostenlos eine Bühne gibt, verzichtet er damit auf sein Geld – das ist dann doch kein Sparen!“

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