EMMERICH. „Hi, Ho, Ha” raunt es hinter der Bühne. „Das muss noch energischer kommen”, sagt Regisseurin Judith Hoymann und macht es gleich vor. „Ha!”, ruft sie und hebt dabei schwungvoll ihren Arm. Die Aufwärmübung soll dem Theaterensemble „Fanta10″, dem inklusiven Theaterprojekt des TIK im Schlösschen Borghees und der Lebenshilfe Emmerich, schließlich helfen, auf der Bühne laut und verständlich zu sprechen. Bis zur Premiere ihres aktuellen Stückes „Gaukler und Mimosen” am 14. April um 19 Uhr im Stadttheater Emmerich bleibt schließlich nicht mehr viel Zeit, die Hemmungen auf der Bühne vor dem Theaterspielen zu verlieren.

Die meisten der 14 Darsteller sind aber bereits bühnenerfahren. 2012 wurde das Ensemble schließlich im Rahmen eines Projektes der Lebenshilfe Unterer Niederrhein in Zusammenarbeit mit der Theaterpädagogin Judith Hoymann gegründet. „Ich komme ja eigentlich vom Figuren- und Marionettentheater. Habe aber damals Lust auf Theater gehabt und bei der Lebenshilfe angefragt”, erzählt Hoymann. Dass die Gruppe aus Menschen mit und ohne Behinderung bestehen sollte, sei eine besondere Herzensgelegenheit gewesen.

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Auch sechs Jahre später bereut Hoymann diesen Schritt keineswegs. „Es ist einfach toll. Die Menschen mit Behinderung sind so dankbar, haben so viel Spaß und geben so viel zurück”, sagt die Theaterpädagogin und ergänzt: „Wir machen auch oft etwas zusammen und treffen uns. Nach der Premiere gehen wir zum Beispiel auf der Rheinpromenade schön essen.”

Regisseurin Judith Hoymann (l.) schaut sich die Proben ganz genau an. NN-Foto: SP

Doch bevor es so weit ist, probt die 14-köpfige Theatergruppe fleißig an ihrem aktuellen Werk. Noch gibt es nämlich viel zu tun. Das Ensemble macht schließlich alles selbst. „Wir haben im Sommer mit den Proben begonnen. Da haben wir angefangen das Stück zu entwickeln. Um Weihnachten herum habe ich aus diesen Ideen das Drehbuch geschrieben”, erzählt Hoymann. Dabei müsse sie besonders auf die Texte achten. „Wir haben ja Menschen mit einer Behinderung dabei. Ihre Texte dürfen nicht zu schwer und zu lang sein”, weiß die Theaterpädagogin. Mittlerweile könne sie aber ihre Schauspieler sehr gut einschätzen: „Ich fordere sie dann auch.”

Das merkt man in den Proben. Denn ein Schludern im Text gibt es bei ihr nicht. Wird er nicht deutlich genug oder falsch aufgesagt, wird verbessert und wiederholt – bis es perfekt ist. „Das ist nicht nur bei den Menschen mit Behinderung so, sondern auch bei denen ohne. Die können ihre Texte nämlich oft auch nicht fehlerfrei aufsagen”, sagt Hoymann. Auch da ist die Regisseurin streng, aber ebenso herzlich. „Bei uns wird ganz viel geknuddelt und im Arm genommen. Das mögen besonders die Leute von der Lebenshilfe”, erzählt Hoymann. Sie habe schon oft gehört, dass die Menschen mit Behinderung, die ungefähr die Hälfte ausmachen, deshalb so gerne am Theaterprojekt teilnehme.

Andrea Wanders und Cornelia Tersluisen bestätigen die gute Stimmung innerhalb des Ensembles. „Es macht unheimlich viel Spaß”, sagt Wanders. Tersluisen liefert die Begründung dafür: „Wir sind alle so unterschiedlich. Das macht es aus.” Dabei sei es mittlerweile gar kein Thema mehr, wer ein Handicap habe und wer nicht. „Wenn jemand auf der Bühne Hilfe braucht, helfen wir automatisch. Da denken wir gar nicht mehr drüber nach”, sagt Wanders.

Das Stück „Gaukler und Mimosen” wird dieses Mal etwas ganz Besonderes werden, nicht nur, weil durch eine Spende sehr sehenswerte Kostüme angeschafft wurden. Auch die Geschichte ist spannend: Es geht zum Beispiel um die Betrügereien eines Grafen, der sich lieber um seinen privaten Spaß als um sein Volk kümmert. Aber auch um die Suche nach Liebe und das miese Spiel einer Wahrsagerin. Ein Wunderheiler sorgt mit einem Mord zudem für Aufregung im Ort „Embrica”. Das Ensemble möchte mit dem Stück aber auch eine wichtige Message an seine Zuhörer weitertragen: Es ist egal, wie alt man ist oder wie man aussieht.

Am Samstag, 14. April, ist um 19 Uhr die Premiere im Emmericher Stadttheater. Weitere Vorführungen sind am Sonntag, 15. April, 16 Uhr im Stadttheater, am Freitag, 20. April, um 19 Uhr im Reeser Bürgerhaus, am Freitag, 4. Mai, um 19 Uhr in der Klever Stadthalle und am Sonntag, 13. Mai, um 16 Uhr im Gocher Kastell. In der Weberstadt gastiert das Ensemble sogar zum ersten Mal. „Darauf sind wir schon stolz”, sagt Hoymann.

Karten zu je vier Euro können bei Judith Hoymann per E-Mail unter j.hoymann@web.de erworben werden.

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