LVR-Niederrheinmuseum ehrt Büderichs „Helden“

Das neueröffnete Museum in Wesel würdigt den Mediziner Reiner Soleander

WESEL. Veit Veltzke, Leiter des LVR-Niederrheinmuseums in Wesel, lässt seiner Begeisterung freien Lauf, wenn er von Reiner Solenander spricht: „Er ist der Held unserer Ausstellung!“ Dem 1524 in Büderich geborenen Mediziner ist ein ganzes Zimmer in der Sonderausstellung „Wesel und die Nieder(rhein)lande“ gewidmet, die am vergangenen Sonntag eröffnet wurde und die noch bis Mitte Oktober zu sehen ist.

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Die herzöglichen Leibärzte Reiner Soleander (rechts) und Johann Weyer in einem Ausschnitt aus dem großen Museums-Panorama, das den Weseler Marktplatz im 16. Jahrhundert zeigt. Foto: LVR

Solenanders Arbeitszimmer steckt voller Details wie medizinischen Schaubildern und Büchern. Die Exponate vermitteln einen guten Eindruck von der Atmosphäre, in der Solenander in den letzten sechs Jahren seines Lebens in Büderich arbeitete.
„Der Arzt und das Mordkomplott“, steht auf einer Tafel neben dem Arbeitszimmer. Darunter heißt es: „Solenander aus Büderich gehörte zu den bedeutenden Humanisten vom Niederrhein. Er bewährte sich als Leibarzt Wilhelms V. und behandelte den Herzog nach dessen Schlaganfall über Jahrzehnte mit Erfolg. Spät im Leben wartete noch eine besondere Herausforderung auf den Mediziner. Nach dem Tod Wilhelms V. fürchtete gerade die spanische Partei am Düsseldorfer Hof um den Erhalt der Dynastie. Die Ehe des geisteskranken Sohnes und Nachfolgers mit Jakobe von Baden würde wahrscheinlich kinderlos bleiben. Sollte die Gattin allerdings sterben, könnte sich aus einer zweiten Ehe Herzog Johann Wilhelms vielleicht doch noch der ersehnte Stammhalter einstellen. Ansonsten drohte der Erbfall der Vereinigten Herzogtümer an ein protestantisches Fürstenhaus. Hofmarschall von Waldenburg trat 1595 diskret an den früheren Leibarzt heran, der doch sicher geeignete Mittel wisse, um einen unauffälligen Tod der Herzogin herbeizuführen. Der betagte Solenander lehnte entschieden ab und verwahrte sich würdig gegen das Ansinnen.“

Ein Skelett in Denkerpose ziert das Giftschränkchen, das in Soleanders Leben eine große Rolle spielte. NN-Foto: Scholten
Soleanders Arbeitszimmer wurde mit Hilfe vieler zeitgemäßer Möbel im LVR-Niederrheinmuseum nachgestellt NN-Foto: Scholten

Der Herzogin half die edle Tat des Büdericher Arztes nicht: „Sie wurde zwei Jahre später wahrscheinlich erdrosselt“, sagt Museumsleiter Veit Veltzke. Doch Solenander fiel am Hofe in Ungnade und zog sich nach Büderich zurück.“ Er sammelte und publizierte seine medizinischen Erfahrungen in dem Werk „Consiliorum Medicinalium sectiones quinque“, in dem insgesamt 133 exemplarische Fälle von Nierensteinen über Schwerhörigkeit bis zur Melancholie nach damaligem Wissen geschildert sind. Der Mediziner starb 1601 in Düsseldorf und wurde im Willibrordi-Dom zu Wesel beigesetzt.
Reiner Selander ist auf auf dem großen Panoramabild zu sehen, das im Eingangsbereich des LVR-Niederrheinmuseums den Weseler Marktplatz im 16. Jahrhundert zeigt. Darauf sieht man ihn im Zwiegespräch mit dem Mediziner Johann Weyer (1515-1588). Er war der erste Gelehrte, der öffentlich gegen den Hexenwahn der Kirche eintrat. Er sah die gepeinigten Frauen nicht als Täterinnen, sondern als Opfer. Darin bestärkte ihn der in Büderich geborene Johann de Greve, der ebenfalls in der Sonderausstellung „Wesel und die Nieder(rhein)lande“ gewürdigt wird. Auf einer Texttafel über ihn heißt es: „Johann de Greve ging bei seiner massiven Veröffentlichung gegen die Hexenverfolgung über Weyer hinaus und prangerte diese als tyrannisches Herrschaftsinstrument an, das zusammen mit der Sklaverei entstanden sei

 

 

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