Wenn ein Tod ohne Sinn ist, dann dieser

Prozess nach dem schweren Unfall im Mai 2017: Angeklagter (28) wird zu drei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt

KLEVE. Eigentlich kann kein Text der Welt leisten, was zu leisten ist. Ein junger Mensch ist zu Tode gekommen. Gerade mal 19 Jahre alt ist sie geworden. Alles ist sinnlos. Ein Verkehrsunfall war der Grund.

Der 28-jährige Fahrer – fahruntüchtig durch einen Mix aus Alkohol (0,42 Promille), Cannabis und Amphetaminen. Das Auto: Es hätte nicht mehr in den Verkehr gedurft. Reifen ohne Profil, das Schloss am Sicherheitsgurt auf der Beifahrerseite, wo das Mädchen, seine Freundin, saß, defekt. Der Defekt: Nicht durch den Unfall eingetreten. Das steht fest. Fest steht auch: Wenn ein Tod ohne Sinne ist, dann dieser. Der Angeklagte ist, man schreibt es ungern: Anscheinend unbelehrbar. Schon vorher einmal hat er einen Unfall verursacht. Mit überhöhter Geschwindigkeit ist er auf vereister Fahrbahn mit einem Anhänger gefahren, für den er keine Fahrerlaubnis besaß. „Es lag an der vereisten Fahrbahn”, hört man den Angeklagten sagen und die Luft bleibt einem weg. Was müssen die Eltern der toten Mädchens denken, bei denen sich der Angeklagte bis zum Prozess nie entschuldigte? Natürlich gibt es ein Gutachten. Das Auto: Zu schnell. 50 Stundenkilometer über dem Limit. Minimal berechnete Geschwindigkeit: 130 Stundenkilometer. Aufprallgeschwindigkeit am Baum: Zwischen 93 und 99 Stundenkilometer. Aber: All diese Fakten erstarren zu Details einer Beweisaufnahme, die für das Gericht (gottseidank) erheblich, für die Zurückbleibenden aber nicht hilfreich sein kann. Nichts, nichts, nichts bringt den geliebten Menschen zurück, und irgendwie macht jede Einlassung des Angeklagten die Sache nur verheerender. Nicht nur der Unfallort wird zum Schlachtfeld.

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Zeugen sagen aus: Auch sie sprachlos. Es finden sich keine Worte, die beschreiben können, was passiert ist. Es finden sich Bilder in den Köpfen der Beteiligten – Bilder, von denen man als Beobachter nur froh sein kann, sie nicht zu sehen. Fahrlässige Tötung – darin mündet das Lebensende eines jungen Mädchens. Ein Terminus. Ein Paragraph. Keine Hilfe. Schon gar keine Rettung. Der Angeklagte verspielt alles. Er kann sich an nichts erinnern. Er will es nicht? Alles verschwimmt. Er weiß nicht, wann er die Drogen genommen hat.

Die Sicherheit des Wagens hat er nicht kontrolliert. Die Reifen: 16 Jahre alt. In einem findet der Sachverständige bei der Untersuchung einen Nagel, fünf Zentimeter lang. Der Reifen war mit einem Notfallkit geflickt. „Danach sollte man nicht über 80 Stundenkilometer schnell fahren und am besten sofort zur nächsten Werkstatt.” All das scheint nicht geschehen zu sein. Es gibt nichts zu heilen. Es gibt Anträge am Ende einer Beweisaufnahme. Kaum etwas spricht für den Angeklagten. Drei Jahre und zwei Monate forderte die Staatsanwältin. Fünf Jahre fordert der Nebenklagevertreter. Es ist das Höchstmaß. Er fordert auch ein lebenslanges Fahrverbot für den Angeklagten. Die Verteidigung fordert eine milde Strafe und die Aufhebung des Haftbefehls.

Am Ende lautet das Urteil: Drei Jahre und drei Monate und fünf Jahre Entzug der Fahrerlaubnis. Der Richter spricht in seiner Urteilsbegründung von einem „herausragenden Fall”. Im negativen Sinn. Natürlich. Er sagt: „Das Auto, eine Zeitbombe, und Sie am Steuer.”

 

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