GELDERLAND. Als Wilhelm Tissen eines Tages das Gebetbuch seines Opas öffnete, fielen dem Gelderner zwei Zettel in die Hände. Diese Zettel waren Totenbriefe von Lambert Janßen und Maria Römmen. Mit ihnen begann eine Leidenschaft, die jetzt in einem Buch gipfelte.
„Was willst du denn mit den alten Zetteln?“ Solch eine Frage wird dem 62-jährigen Wilhelm Tissen, wie er selbst erzählt, nicht selten gestellt: „Im ersten Moment wundern sich die Meisten, weil sie nicht wissen, welche Geschichten hinter diesen kleinen Zetteln stecken.“ Seit dem der Gelderner die ersten beiden Totenzettel im Gebetbuch seines Großvaters gefunden hat, ist das Interesse an den „bidprentjes“, wie die Totenzettel im Niederländischen heißen, erwacht. Die Niederländer waren in der Tat nicht nur das Volk, dass diese Art der Totengedenken mit als eines der Ersten etablierte, sondern auch das Volk, bei denen die Totenzettel auf großes Interesse stieß: „Die ersten Totenzettel gab es im 17. Jahrhundert. Die Niederländer sind an dieser Art der Ahnenforschung besonders interessiert“, erläutert Tissen und verweist auf die umfangreichen Sammlungen, die in den Niederlanden zu bestaunen sind.
Mit der Entdeckung der Totenzettel von Lambert Janßen und Maria Römmen hatte Tissen Blut geleckt. Der Geldener wollte wissen, was es mit dem Tod der beiden jungen Menschen auf sich hatte und begann zu recherchieren: „Es handelte sich bei dem Tod der beiden um einen Raubmord 1925 in Pont“, so Tissen, der sogar einen Beleg gefunden hat, mit dem damals nach den Tätern gefahndet wurde. Aus zwei kleinen Zetteln entstand so eine komplette Geschichte, „die man sogar in einen gesamten Roman niederschreiben könnte“, erklärt der 62-Jährige. Diesen Roman hat Tissen zwar nicht geschrieben, dafür hat ihn aber die Geschichte hinter diesen kleinen Zetteln so fasziniert, dass er immer neue Totenzettel suchte, um die Geschichten dahinter zu recherchieren. Dafür fuhr er zu über 200 Familien im Altkreis Geldern und in die Niederlande: „Ich kann natürlich nicht einfach nur die Zettel verlangen, schließlich sind das persönliche Sachen der Familien. Oftmals fahre ich erst einige Male zu den Familien und führe Gespräche, bevor ich die Totenzettel bekomme“, so Tissen. Wenn einmal ein Vertrauensverhältnis aufgebaut ist, bekommt er allerdings auch oft viel mehr: „Manchmal geben mir die Familien auch Bilder oder Stammbücher mit, mit denen man die Geschichte hinter den Verstorbenen viel besser rekonstruieren kann“, erklärt Tissen und fügt hinzu: „Ich habe in den letzten 14 Monaten viele neue Bekannte bekommen…“
Gemeinsam mit seiner Cousine Monika Eggerling hat Tissen all die Totenzettel geordnet, eingescannt und in alphabetische Reihenfolge gebracht, um sie in einem Buch zu veröffentlichen. 280 farbige Totenzettel sind es geworden, die in dem Buch „Totenzettel erzählen Geschichte und Geschichten“ enthalten sind. Die Arbeit ist damit aber noch lange nicht zu Ende: „Ich bekomme immer neue Totenzettel, deren Geschichte ich nachgehe“, so Tissen. Deshalb werde es im nächsten Jahr auch noch weitere Seiten geben, die dem Buch hinzugefügt werden können. Der Traum des 62-Jährigen ist es aber, irgendwann eine Datenbank für das Internet zu erstellen. Dort könnte dann jeder die verschiedenen Totenzettel einsehen und die Geschichten dahinter entdecken.
Vorbestellungen für das Buch sind per Email möglich unter Totenzettel-pont@t-online.de oder telefonisch bei Wilhelm Tissen unter 02831/9732500