HALDERN. Ein Tag noch, um über Haldern nachzudenken – über Zuhause, Vertrauen und Zuversicht. Längst hat man Klänge im Ohr. Längst hat man viel gehört, aber eben nicht alles. 19 Auftritte beim Samstagsfinale. Die Wiederauferstehung der Toten – Schreibfehler inbegriffen. Um 15.45 Uhr auf der Hauptbühne: Voodoo Jürgens. Natürlich hat sich niemand verschrieben. Natürlich kommt nach dem V das W: Wolf Maahn wird spielen und ganz zum Schluss im Spiegelzelt: Idles. Kondition muss man haben. Der Samstag beginnt um 10 Uhr mit einem Vortrag. Über das Ende lässt sich kaum etwas sagen. Auf der Wiese gibt es keine Sperrstunde.

„A Blaze of Feather“ ist die Band von Ben Howard, der sich aber beim Auftritt im Hintergrund hielt. NN-Fotos: Heiner Frost
„A Blaze of Feather“ ist die Band von Ben Howard, der sich aber beim Auftritt im Hintergrund hielt.
NN-Fotos: Heiner Frost

Was sagt man über den Anfang? Als wär‘s verhext: Die ersten Regentropfen fallen zusammen mit den ersten Tönen des Festivals. Vorbereitung ist alles. Man hat die Gummistiefel dabei. In der Kirche zum Auftakt: Matt Maltese. Ein Mann und ein Klavier. So lässt sich hineingleiten in dieses Festival. Man wird langsam mit Schönheit aufgeladen. In der Kirche werden senkrechte Zeigefinger an waagerechte Lippen gelegt: „Pssssssssssst.“ Jetzt regieren die Klänge. Maltese macht klar: Du brauchst keinen großen Werkzeugkasten, um dich in die Seelen zu schrauben – aber: Dein Handwerk musst du verstehen. Am Abend: A Blaze of Feather auf der Hauptbühne. „Das ist die Band von Ben Howard“, sagt jemand. Als „A Blaze of Feather“ loslegt, zeigt auch der Himmel, was er drauf hat. Im Radio würden sie von „ergiebigem Regen“ sprechen. Man muss anfangen, das Wetter vom Festival zu trennen, um nicht frustriert zu sein. Während die Band spielt, gilt es die Frage zu klären: Wer von denen da oben ist eigentlich Ben Howard? Nein, es ist nicht der Frontman. Vielleicht der im Hintergrund. Der mit Gitarre und Kappe. Der muss es sein. Der spielt links. Wie McCartney.

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Das Smartphone meldet am Ende des zweiten Tages: 25.344 Schritte. Kein Wunder: Das Gelände ist geräumig, und wer den Weg zwischen Dorfkern und Hauptbühne jedes Mal zu Fuß zurücklegt, käme leicht auf das Doppelte. Drei Tage lang sind alle zuhause in Haldern – entschleunigt, aber nass. Gut, dass niemand die Töne zählt.

Das Seelenbild am Ende des zweiten Tages: Vielleicht ist die Welt mehr als ein Selfie. Vielleicht ist noch nicht alles gesagt. Vielleicht ist die Welt ein Gespräch, ein Dialog – eine Unterhaltung. Vielleicht ist die Welt mehr als ein Like. Vielleicht ist die Welt die Summe der Erfahrungen. Vielleicht ist die Welt eine Verdichtung. Vielleicht wäre es eine Verschwendung, Menschen, die etwas mitzuteilen haben, wort- und tonlos ziehen zu lassen. Vielleicht ist die Welt nicht nur das Großeganze. Vielleicht müssen wir die Rückreise antreten ins Kleingeteilte – zurück an den Ort, an dem wir leben. Heimat könnte der Ort sein, wo Vertrauen und Zuversicht entstehen. Und. Das. Zuhause.

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