DGB: Fünf Punkte für ein
    nachbarschaftliches Europa

    Der Deutsche Gewerkschaftsbund spricht im Bundestagswahlkampf Probleme in der Grenzregion an

    KREIS KLEVE. Wilco Veldhorst, Präsident des Interregionalen Gewerkschaftsrates Rhein-Ijssel, findet deutliche Worte, wenn er an ein nachbarschaftliches Europa in der niederrheinischen deutsch-niederländischen Grenzregion. „Vor hundert Jahren hatten wir einen öffentlichen Nahverkehr zwischen Nimwegen und Kleve”, so Veldhorst. Er hätte das Leben von Grenzpendlern heutzutage leicht gemacht. „Heute, hundert Jahre weiter, ist aber alles schwerer geworden”, findet Veldhorst. Von Fortschritt sei wenig zu spüren.

    Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), der grenzüberschreitend im Interregionalen Gewerkschaftsrat mündet, hat vor der Bundestagswahl daher nochmal fünf Punkte für ein nachbarschaftliches Europa verfasst. Sie sollen eine Anregung für die Politik darstellen. Als ersten Punkt fordert der DGB dort eine deutliche Verbesserung des grenzüberschreitenden öffentlichen Personennahverkehr. „Wir reden ja schon seit vielen Jahren über die Reaktivierung der Bahnlinie zwischen Nimwegen und Kleve”, sagt Veldhorst. Gerade beruflich sei diese für viele sinnvoll. „Es gibt immer noch Leute, die kein Auto haben und mit den öffentlichen Verkehrsmitteln ihre Arbeitsstelle erreichen müssen”, so Veldhorst. Ihnen müsse es ermöglicht werden, auch Jobs im Nachbarland annehmen zu können und nicht ablehnen zu müssen, weil sie nicht hinkommen.

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    Sie wünschen sich ein nachbarschaftliches Europa: Wilco Veldhorst, Fabian Kuntke, Angelika Wagner, Rolf Wennekers und Frank Thon. NN-Foto: SP
    Sie wünschen sich ein nachbarschaftliches Europa: Wilco Veldhorst, Fabian Kuntke, Angelika Wagner, Rolf Wennekers und Frank Thon. NN-Foto: SP

    Bahnlinie gefordert

    Rolf Wennekers, Vorsitzender der DGB im Kreis Kleve, geht sogar noch einen Schritt weiter und fordert eine Bahnlinie zwischen Nimwegen und Krefeld. „Das wäre ein europäisches Projekt”, meint Wennekers, der auch da Vorteile für den Arbeitsmarkt auf beiden Seiten der Länder sieht. Denn es gebe viele grenzüberschreitende Berufspendler, sagt Veldhorst. „Wenn man die Fahrzeuge auf den Straßen sieht, sieht man, dass die Strecken zwischen Nimwegen und Kleve immer voll sind. Durch eine Bahnlinie könnte man Autos von den Straßen kriegen”, meint Veldhorst.

    Infrastruktur alleine reiche aber nicht aus. „Wir brauchen zusätzlich auch eine Harmonisierung der Tarif- und Ticketsysteme der Verkehrsverbünde auf beiden Seiten der Grenze”, so Veldhorst. Denn Grenzmobilität müsse bezahlbar und problemlos möglich sein. Ferner fokussiert die DGB auch einen Ausbau des grenzüberschreitenden Straßennetzes. „Die größtenteils fehlende Infrastruktur im Bereich des Schienenverkehrs sorgt dafür, dass aktuell bestehende Straßennetze überlastet sind”, sagt Veldhorst. Das „Nadelöhr” an Grenzübergang Wyler zwischen Kranenburg und Groesbeek sei dafür ein gutes Beispiel.

    Der letzte Punkt, der mit der Infrastruktur zu tun hat, ist der Ausbau der Schienenverbindungen im Güterverkehr. Der sei wichtig, so Veldhorst, um die Wirtschaft zu stärken und damit Arbeitsplätze zu erhalten. Denn der Seehafen in Rotterdam und der Hafen in Antwerpen hätten eine übergeordnete Bedeutung für die Wirtschaft am Niederrhein und die Oberzentrum im Ruhrgebiet und im Rheinland. Die Versorgung insbesondere mit Rohstoffen für die Industrie müssen daher auch bei schwankenden Pegelständen des Rheins sichergestellt werden.

    Einen sozialen Aspekt greift der Deutsche Gewerkschaftsbund im Punkt „Klarheit für Grenzpendler im Steuer- und Sozialsystem” auf. Hier sollen Arbeitgeber künftig stärker sensibilisiert werden, Bewerber auf die Unterschiede im Steuer- und Sozialsystem beider Länder aufmerksam zu machen. „Deutsche, die in den Niederlanden einen Job antreten, können sich ja bei uns anmelden und sich beraten lassen. Doch meistens kommen sie erst, wenn der Arbeitsvertrag unterschrieben und es schon zu spät ist”, sagt Rolf Wennekers. Auch die Politik solle sich der Problemlagen der Grenzpendler in diesem Bereich annehmen.

    Abschlüsse anerkennen

    Der fünfte und letzte Punkt, den der DGB vor dem Bundestagswahlkampf zum Thema macht, steht schon seit Jahren auf der Agenda: Die vollständige Anerkennung der Berufsabschlüsse auf beiden Seiten der Grenze. „Das ist ein riesiges Problem. Eine Krankenschwester ist nicht gleich eine Krankenschwester und ein Erzieher nicht gleich ein Erzieher”, so Wennekers. Die nicht einheitlichen Abschlüsse würden es in den jeweiligen Berufsgruppen den Arbeitnehmern schwer machen, einen Job im jeweiligen Nachbarland anzutreten. „Dabei haben einige Bereiche große Probleme, ihre Jobs zu vergeben. Daher brauchen wir einander”, sagt Wennekers. Der länderübergreifende Austausch von qualifizierten Berufsausbildungabsolventen sei schließlich eine Chance viele Jobs entsprechend zu besetzen.

    Der Deutsche Gewerkschaftsbund wollte vor der Bundestagswahl die fünf Probleme noch einmal ansprechen. „Wir wissen, es hat sich in den vergangenen Jahren teilweise schon etwas getan, aber das ist einfach noch zu wenig und es geht zu langsam”, meinte Angelika Wagner, Geschäftsführerin der DGB Region Niederrhein abschließend.

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