Aus der Schule für Veerter wurde eine Vorreiter-Schule

Geschwister-Scholl-Hauptschule feiert 50. Jubiläum / Festakt am Samstag

GELDERN. Ein bisschen „hopplahopp“ ging es wohl, als vor 50 Jahren die katholische Hauptschule im damaligen Gelderner Stadtteil „Veert A“ gegründet wurde. So erfuhr beispielsweise der erste Schulleiter, Werner Kirking, über die Zeitung von seiner Berufung. Davon erzählen Alfred Scholten, seit 15 Jahren Leiter der Geschwister-Scholl-Schule, und sein Stellvertreter Wilfried Jaeger, der seit 24 Jahren zum „Schulinventar“ gehört, im Gespräch mit den NN. 50 Jahre wird die letzte Gelderner Hauptschule nun alt. Für die Schulgemeinde ist dies ein Grund zu feiern – sicherlich. Aber mit einem wehmütigen Blick in Zukunft. Denn älter als 52 Jahre wird die Schule nicht werden. Im Sommer 2019 ist hier Schluss.

Blicken zurück auf 50 Jahre Schulgeschichte und Schulgeschichten: Alfred Scholten (l.), Schulleiter der Geschwister-Scholl-Schule, und sein Stellvertreter Wilfried Jaeger. Foto: privat
Blicken zurück auf 50 Jahre Schulgeschichte und Schulgeschichten: Alfred Scholten (l.), Schulleiter der Geschwister-Scholl-Schule, und sein Stellvertreter Wilfried Jaeger. Foto: privat

1967 wurde die katholische Hauptschule als „Schule für die Veerter“ gegründet – ein Jahr, bevor die neue Aufteilung in Grund- und Hauptschule die alte Volksschule offiziell ablöste. Alfred Scholten: „Unsere Schule musste bereits 1967 dringend gebaut werden, weil es in Veert und den Gelderner Ortschaften so viele Schüler gab. Die Suche nach dem Standort geriet den Verantwortlichen damals zum Streit. Denn für die Veerter war es eine sensible Frage, wo ihre Kinder nun zur Schule gehen sollten.“ Der Standort hieß in diesen Jahren noch „Veert A“. Hierher fuhren die Schüler aus Veert und den Ortschaften Walbeck, Pont, Kapellen und Hartefeld, während die Gelderner Kinder auf die Anne-Frank-Hauptschule gingen. Die neue Schule war eine konfessionsgebunde katholische Hauptschule, solange es parallel die Anne-Frank-Schule gab. Mit dem Namen „Geschwister-Scholl-Schule“ sind die beiden Schulleiter heute noch zufrieden. Wilfried Jaeger erinnert sich: „Zur Wahl standen auch Schule an der Ley und Hubertusschule. Nach dem Vorbild der mutigen Geschwister, die dem Naziregime Widerstand leisteten, hat sich die Geschwister-Scholl-Schule auch den Kampf gegen Unterdrückung auf die Fahnen und ins Leitbild geschrieben.“ Jedes Jahr gedenken Schüler und Lehrer am 22. Februar dem Todestag der Geschwister Sophie und Hans Scholl.

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Der Wandel in der Schullandschaft im Gelderland wirkt sich schon heute auf den Schulalltag aus. Wurden das 30. und 40. Jubiläum noch mit großen Schulfesten gefeiert, so begnügt sich das Kollegium heute mit einer kleinen Feierstunde. Am Samstag, 8. Juli, sind Lehrer, Ehrengäste, ehemalige Kollegen und Kooperationspartner zu einem „Mini-Festakt“ eingeladen. Es gibt Reden und ein gemeinsames Essen. Die Schüler der drei letzten Jahrgänge 8, 9 und 10 durften ausgedehntere Klassenfahrten unternehmen. So waren zwei 9. Klassen beispielsweise in Egmond in Holland und auf dem Soldatenfriedhof in IJsselstein. Die Abschlussfahrt der 10er führte nach Amsterdam. Dafür stellte die Schule die finanzielle Unterstützung bereit. „Statt eines Schulfestes. Denn nur noch knapp ein Drittel der Schüler sind ursprüngliche Geschwister-Scholl-Schüler. In den letzten Jahren kamen die Kinder aus den ehemaligen Hauptschule in Aldekerk und Sevelen und von der Anne-Frank-Schule dazu. Jaeger: „Gleiches gilt für das Kollegium. Das ist dann eine Frage der Identifikation.“

Im Jahr 2013, als die Gelderner Sekundarschule an den Start ging, fehlten der Geschwister-Scholl-Schule fünf Anmeldungen in Klasse 5, um fortbestehen zu dürfen. Seitdem ist klar, dass die Geschwister-Scholl-Schule ausläuft. „Abstimmung der Eltern mit den Füßen“ nennt das Wilfried Jaeger. Für ihn fällt dies zusammen mit dem eigenen Ruhestand. Länger als Wilfried Jaeger ist nur die Kollegin Gaby Klecker im Dienst. Sie begann hier vor 43 Jahren bereits ihr Referendariat und wechselt jetzt in den Ruhestand. Alfred Scholten hat noch ein paar Jahre vor sich. „Aber den Wechsel kriegen wir auch noch hin“, sagt er. Aber traurig sind die beiden schon. Denn sie wissen, was sie zusammen mit ihren Kollegen hier im Laufe der Jahre aufgebaut haben. Jaeger: „Wir waren in vielen Dingen eine Vorreiter-Schule: Inklusion, Wirtschaft als Unterrichtsfach, individuelle Förderung und berufswahlvorbereitende Maßnahmen. Bei uns gehören Berufsfelderkundung und Praktika schon lange dazu. Wir haben einen großen Fundus lokaler Betriebe, mit denen wir seit Jahren erfolgreich kooperieren. 20 bis 25 Prozent unserer Schüler vermitteln wir in Ausbildungen, wobei der Großteil weiter Schule macht und ans Berufskolleg geht.“ Ganz besonders stolz sind Scholten und Jae­ger auf ihre Schüler. Handwerksmeister, Wirtschaftsdozent und sogar ein Religionsprofessor unter den Ehemaligen seien beste Beispiele dafür, dass die Hauptschule nicht die Sackgasse sei, als die sie immmer bezeichnet werde. Scholten: „Unseren Schülern stehen alle Möglichkeiten offen.“  Der Gelderner Schullandschaft geht ein wichtiger Aspekt verloren – darin sind sich die Lehrer einig. Und auch darin: Jetzt wird erst einmal gefeiert – trotzdem!

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