Im großen Sitzungssaal des GocherRathauses fand die abschließende Haushaltdebatte statt. NN-Foto: CDS

GOCH. Wenn der Haushalt mit seinem umfassenden Zahlenwerk auf der Tagesordnung des Gocher Stadtrates steht, dann ist das traditionell die Gelegenheit für einen – bisweilen auch heftigen – Schlagabtausch. Und die nutzten alle im Rat vertretenen Fraktionen am Dienstag­abend aus. Gleichwohl wurde der Haushalt für 2017 im Anschluss einstimmig verabschiedet. Aufwendungen von 86,51 Millionen Euro stehen Erträgen von 86,52 Millionen Euro gegenüber. Die berühmte „schwarze Null“ ist damit erreicht. Dennoch hagelte es im Vorfeld jede Menge Kritik.

So warf Marc Groesdonk, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU, dem Bürgermeister und seinem „Verein“ – gemeint ist das BürgerForumGoch – die Nichteinhaltung von Wahlaussagen vor, denn echten Sparwillen lasse der vorgelegte Haushaltsentwurf nicht erkennen, der zudem auch noch strukturell nicht ausgeglichen sei. Ordentlichen Erträgen von 79,8 Millionen Euro stünden Ausgaben von 84,8 Millionen Euro gegenüber – ein strukturelles Defizit von 4,97 Millionen. „Ausgeglichen wird dieses Defizit nur durch Finanzerträge, so dass am Ende 100.000 Euro als Ergebnis der laufenden Verwaltungstätigkeit übrig bleiben“, so Groesdonk. Sparwillen demonstrierten die Christdemokraten mit ihrem eigenen Antrag, die für die Klimaanlage im Rathaus angesetzten 332.000 Euro zu streichen. Hier sollten erst passive Maßnahmen mit veranschlagten Kosten von 133.000 Euro durchgeführt und auf ihre Wirksamkeit hin überprüft werden. Beantragt wurde auch eine weitere Stelle für einen Stadtplaner. Das sei für Goch unumgänglich.

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„Mutlos und nicht zukunftsweisend“, so charakterisierte Klaus-Dieter Nikutowski, Vorsitzender der SPD-Fraktion, den Haushaltsentwurf. Mit Ausgabenkürzungen und Einnahmeerhöhungen könne man einen Haushalt konsolidieren. Diese beiden Stellschrauben seien  unbeachtet geblieben: „Der vorgelegte Haushalt ist so glatt gebügelt wie eine Feiertagstischdecke.“ Der Haushalt reagiere nur auf laufende Geschäftsvorfälle und vorherrschende Tagesprobleme, sei dabei aber nicht strategisch ausgerichtet. Nikutowski mahnte an, sich den Herausforderungen des demographischen Wandels zu stellen, damit Goch auch in Zukunft ein attraktiver Ort zum Leben bleibe.

Hilde Fielenbach-Hensel, Fraktionsvorsitzende der Grünen, wies darauf hin, wie wichtig es sei, die Kassenkredite zurückzuzahlen. Damit sei zwar bereits begonnen worden, aber die Summe von 17 Millionen sei für eine Stadt wie Goch einfach zu hoch: „Die günstigen Zinsen machen es möglich, sich hohe Schulden zu leisten. Doch was passiert, wenn die Phase der Niedrigzinsen endet? Dann entstehen richtige Haushaltsprobleme.“ Der Bitte des Bürgermeisters um Haushaltsdisziplin sei man nachgekommen und habe deshalb nur 2.000 Euro für die Frauenberatungsstelle „Impuls“ beantragt, die jedes Jahr aufs Neue um Gelder kämpfen müsse. „Ansonsten wundert es schon, dass alle Sparbemühungen der letzten Jahre vergessen worden sind und neues Personal eingestellt werden soll“, so Fielenbach-Hensel mit Blick auf die zusätzliche Stadtplaner-Stelle.

Udo Wennekers, Fraktionsvorsitzender des BFG, kritisierte, dass die Einstellung eines weiteren Stadtplaners nicht das sei, was sich Bürgermeister und vier der sechs Fraktionen im Rat unter Haushaltsdisziplin vorstellen. Er regte einmal mehr einen interfraktionellen Arbeitskreis zum Thema „Haushaltskonsolidierung“ an. Da Goch mit einem Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer von nur 11,5 Millionen zu den zehn einkommensschwächsten Gemeinden in NRW gehört, sei die Anhebung des Niveaus durch die Schaffung qualifizierter Arbeitsplätze dringend geboten. „Die Gründung des Zweckverbandes ,Gewerbepark Weeze Goch‘ – von unserem Bürgermeister auf den Weg gebracht – ist ein Meilenstein auf diesem Weg.“

„Trotz aller Bedenken“ stimmte auch die FDP dem Haushaltsplan zu. Bisher sei es gelungen, die Pflicht zur Haushaltssicherung zu vermeiden, der vorliegende Haushalt sei ein Schrittt in die richtige Richtung, so der Fraktionsvorsitzende Ferdinand Heinemann. Kritik übten die Liberalen an der Einstellung eines weiteren Stadtplaners. Heinemann forderte, dass die Politik die Bürger nicht mehr als zumutbar belasten dürfte – denn laut Zahlen der Gemeindeprüfungsanstalt läge die Kaufkraft in Goch mit 18.608 deutlich unter dem Durchschnitt von 21.850 Euro. Ludwig Kade, Fraktionsvorsitzender der Gocher Bürgervereiningung Zukunft in Goch (ZIG), lobte das Ergebnis des Haushaltsjahres 2016 mit 2,6 Millionen Euro Überschuss und den strukturell ausgeglichenen Haushalt 2017. Er mahnte aber auch an, dass der Abbau der Kassenkredite in Angriff genommen werden müsse. Obwohl die ZIG zunächst gegen die Nachbesetzung der Stelle des Stadtbaurates gewesen sein, begrüßte sie nun die Entscheidung „Bei dem Arbeitsaufkommen war es eine gute und richtige Entscheidung, die Position des Stadtbaurat weiterhin so zu besetzten“, so Ludwig Kade.

Signal der Unterstützung für den Gocher Werbering

In seiner Sitzung beschäftigte sich der Rat auch mit dem Thema „verkaufsoffene Sonntage“. Es ging zum einen um die Aufhebung der alten ordnunsgbehördlichen Verfügung, die die Ladenöffnungszeiten an Sonn- und Feiertagen bisher geregelt hat und den Erlass einer neuen Verfügung, die Rechts- und Planungssicherheit für das Mai- und Brunnenfest des Gocher Werberings schaffen soll (die NN berichteten). Justitiar Dr. Georg Kastner erläuterte den Ratsmitgliedern, die beide Tagesordnungspunkte im Anschluss einstimmig verabschiedeten, den rechtlichen Hintergrund.

Ver.di hat in seiner Stellungnahme zur Sonntagsöffnung am 7. Mai in Goch erneut zum Ausdruck gebracht, dass Sonntagsöffnungen und Sonntagsarbeit generell abgelehnt werden und dass das Mai- und Brunnenfest kein „anlassbezogener Grund“ für eine Sonntagsöffnung sei. „Mit der alten Verordnung hätten wir null Chancen bei Gericht“, so Dr. Kastner. Schon beim „Street Food Festival“ sei der Stadt mit einer Klage gedroht worden, so der Bürgermeister. „Es kam nur wegen der Kürze der Zeit nicht dazu“, erklärte Dr. Kastner.
Der Bürgermeister und die Ratsmitglieder betonten, dass man dem Werbering Goch ein deutliches Zeichen der Unterstützung zukommen lassen müsse. „Wir werden auch in Zukunft alle Möglichkeiten nutzen und Nischen finden, um Veranstaltungen durchzuführen“, formulierte es Klaus-Dieter Nikutowski.

Klar ist allerdings auch, dass mit der neuen Verordnung, die nur für das Mai- und Brunnenfest gilt, die Ortschaften und Gewerbegebiete wegen der fehlenden räumlichen Nähe zur Veranstaltung außen vor sind. Für die kommenden „VOS“ im Rahmen der Herbstkirmes und des Weihnachtsmarktes muss eine neue Verordnung erlassen werden.

Beim Wirtschaftsministerium des Landes hat sich inzwischen eine Arbeitsgruppe  zu verkaufsoffenen Sonn- und Feiertagen gebildet. Hier arbeiten Vertreter von Einzelhandel, Gewerkschaften, kommunalen Verbänden, Wirtschaftskammern, Kirchen und Bezirksregierungen zusammen. Die Arbeitsgruppe soll eine Handreichung erstellen, die den Städten und Kommunen Hilfestellung beim Erlass ihrer Verordnungen bietet. Da die Gerichte zudem Prognosen der zu erwartenden Besucherströme fordern, soll auch hierfür ein Modell entwickelt werden. Das alles war ursprünglich für Februar dieses Jahres angekündigt worden, doch nun wird nicht vor Mai damit zu rechnen sein, wie Dr. Kast­ner berichtete.

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