“Support Newcomer”:
Integration durch Fußball

Emmericher Schüler bringen Flüchtlinge und Vereine über eine Online-Datenbank zusammen

EMMERICH. „Das hier ist die Krönung.“ Kein Zweifel: Dr. Tim Nebelung, Lehrer am Städtischen Willibrord-Gymnasium in Emmerich, ist durchaus stolz darauf, was seine Schüler geleistet haben. Im Rahmen des Sport-Projektkurses Q2 haben elf angehende Abiturienten eine Website entworfen, auf der sich fußballbegeisterte Flüchtlinge jeden Alters in eine Datenbank eintragen können, um einen Verein zu finden. Gleichzeitig können die Klubs auf diesem Weg neue Spieler für ihre Mannschaften finden. „Support Newcomer“ heißt das Projekt, das deutschlandweit die Integration durch Sport fördern will.

Die Idee zum „Newcomer“-Projekt“ entstand im September vergangenen Jahres. „Damals war das Thema Flüchtlinge täglich in den Nachrichten“, sagt Nebelung. Schüler Nico van Grol ergänzt: „In Zeiten großer Migration wollten wir eine Idee entwickeln, wie wir Flüchtlingen helfen können.“ Da habe sich der Sport als Integrationsmöglichkeit angeboten. Die Idee zu einer Datenbank hatte der frühere Spielerberater Nebelung schon länger im Kopf, nun aber fand er auch eine Gruppe motivierter Schüler, die sich an die Umsetzung des Projektes machten. Im Rückblick auf die vergangenen Monate sagt Nebelung: „Der Sportprojektkurs umfasst zwei Stunden in der Woche. Die Schüler haben allerdings viel mehr Zeit investiert, ebenso wie Herzblut und Leidenschaft.“

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Entstanden ist eine Seite, die unter www.support-newcomer.de in zahlreichen verschiedenen Sprachen verfügbar, auch aus dem arabischen Raum. Dadurch wird die Sprachbarriere genommen und eine für viele Flüchtlinge große Hürde abgebaut. Interessierte Flüchtlinge tragen sich in die Datenbank ein, unter anderem mit Mail-Adresse, Telefonnummer und Wohnort an. Sie können auch angeben, ob sie bereits in einem Verein gespielt haben, auf welcher Position und in welcher Liga. Die Vereine wiederum können gezielt nach Spielerpositionen oder einem bestimmten Alter suchen. „Aus meiner Zeit als Spielerberater weiß ich, dass es Internetseiten gibt, auf denen sich Spieler präsentieren können“, berichtet Nebelung. „Hier ist die Durchdringung allerdings nicht besonders groß. Unter anderem gibt es das Hemmnis, dass sich Spieler und Vereine anmelden müssen – was bei unserer Seite nicht der Fall ist.“ Die Flüchtlinge tragen sich einfach in die Datenbank ein, ohne sich dazu anmelden zu müssen. Die Vereine wiederum erhalten ein Log-in per Mail.

[quote_box_left]Der Projektkurs
Die elf Schüler hinter der Website www.support-newcomer.de:
Marcel Czekalla, Philipp Divis, Aleksander Garusiewicz, Eva Joebges, Nils Jung, Anna Kern, Torben Kroker, Lukas-Nils Richter, Sebastian Rosiak, Sarina Roszykiewicz, Marvin Temmen, Hanna Trybula und Nico van Grol;
Lehrer: Dr. Tim Nebelung.[/quote_box_left]In den vergangenen Monaten haben die elf Schüler unter anderem Tausende von Mailadressen von Vereinen und Vereinsvertretern zusammengetragen. „Haben wir eine gewisse Zahl von Einträgen in der Datenbank erreicht, starten wir ein Mailing an Fußballvereine und Verbände“, erläutert Schüler Torben Kroker. Das ist allerdings schon der zweite Schritt. „In der kommenden Wochen werden wir zunächst einige Tausend e-Mails an Flüchtlingsheime, -organisationen und -helfer verschicken, um unsere erste Zielgruppe zu erreichen.“

Der Name des Projekts ist keineswegs Zufall, die Gruppe hat lange überlegt, erzählt Nico van Grol: „‚Newcomer‘ bedeutet Flüchtling, aber auch ‚ein neuer Stern am Himmel‘.“ Damit wollen die Schüler das Konzept herausstellen – den Kontakt zwischen Flüchtlingen und Fußballvereinen herzustellen – und zudem verdeutlichen, dass es „eine Win-win-Situation für den Flüchtling, aber auch für den Verein ist“, sagt van Grol. Der Klub leistet Integrationsarbeit, bekommt im Gegenzug Verstärkung – auf sportlicher und menschlicher Ebene.

Die Website ist inzwischen online, die Arbeit damit aber längst nicht getan. Nun geht es auch an den Feinschliff. So soll die Rubrik FAQs (häufig gestellte Fragen) ergänzt werden, beispielsweise zu Mitgliedsbeiträgen, Anreise, Ausrüstung und Versicherungsschutz (wie der Nichtmitglieder-Versicherung). Auch Fördermöglichkeiten für das Non-profit-Projekt wollen die Schüler ausloten; die Suche nach lokalen Sponsoren hat bereits begonnen. Emmerichs Pressesprecher Tim Terhorst hat dazu bereits seine Unterstützung angeboten, auch er ist von der Idee mehr als angetan: „Ein großes Lob – das Projekt, das hier entstanden ist, sieht sehr gut aus.“ Integration sei eine große Aufgabe, die neue Website könne einen wichtigen Beitrag leisten.

[pull_quote_left]Ihr habt großartige Arbeit geleistet, es ist ein beeindruckendes Projekt.[/pull_quote_left]Um die Pflege der Datenbank, nicht zuletzt mit Blick auf „Karteileichen“, macht sich Tim Nebelung keine großen Sorgen. „Das bekommen wir schon hin“, ist er überzeugt. „Wir haben bereits zwei Schüler aus der Q1 dabei, die auch im kommenden Schuljahr weiter mitmachen werden und das nötige Know-how mitbringen.” Auch Schulleiterin Inge Hieret-McKay hat dazu eine Idee: „Wir wollen im nächsten Schuljahr einen neuen Projektkurs starten, der sich um unsere Website kümmern soll. Diesen Kurs könnten wir zweiteilen: Eine Gruppe kümmert sich um die Pflege der Schul-Website, die andere um die ‚Newcomer‘-Website.“ Denn eines sei klar: „Die Seite darf nicht verkümmern, wenn die Schüler ins Abitur gehen.“

Für die elfköpfige Gruppe ist sie voll des Lobes: „Ihr habt eine großartige Arbeit geleistet, es ist ein sehr beeindruckendes Projekt.“ Und sie regt zugleich an, die Zielgruppe auszuweiten: „In den Vorbereitungsklassen haben wir Schüler aus ganz Europa, auch sie müssen integriert werden. Viele von ihnen wollen Fußball spielen, auf diesem Weg Freunde finden und letztlich darüber auch Deutsch lernen.“ Darüber haben die Q2-Schüler bereits nachgedacht. Später könnten vielleicht auch andere Sportarten und eben weitere Zielgruppen in die Datenbank aufgenommen. Prinzipiell könne sich schon jetzt jeder Fußballinteressierte eintragen, der einen Verein sucht, „erst einmal aber wollen wir klein anfangen“, sagen die Schüler.

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