Ärzte sichern Beweise

Runder Tisch gegen Häusliche Gewalt an Frauen und Kindern führt „Anonyme Spurensicherung“ (ASS) ein

KREIS WESEL. Wer einmal sexuelle Gewalt erlebt hat, dem fällt es aufgrund der traumatischen Erfahrungen, der Scham und Angst meist schwer, zeitnah eine Entscheidung zu treffen und die Sexualstraftat zur Anzeige zu bringen. Und je länger die Tat zurückliegt, desto schwerer ist es, sie auch nachzuweisen. Abhilfe soll hier die Anonyme Spurensicherung  nach Sexualstraftat (ASS) im Kreis Wesel schaffen, die der Runde Tisch gegen Häusliche Gewalt an Frauen und Kindern nun in Kooperation mit fünf örtlichen Krankenhäusern eingeführt hat.

Wie die Anonyme Spurensuche funktioniert, erklärten im Konferenzraum des Evangelischen Krankenhaus in Wesel die Mitglieder der Unterarbeitsgruppe ASS (v.l., oben) Rechtsanwalt Tim Rathner, Dr. Bernhard Uhl (St. Vinzenz-Hospital in Dinslaken), Franziska Pühl (Marien-Hospital Wesel) , Karl-Heinz Schayen (Weißer Ring) sowie (v.l., unten) Axana Getzlaff (Frauenberatungsstelle Moers), Gleichstellungsbeauftragte Petra Hommers und Dr. Susanne Findt (Evangelisches Krankenhaus Wesel.) NN-Foto: A.Borstnik
Wie die Anonyme Spurensuche funktioniert, erklärten im Konferenzraum des Evangelischen Krankenhaus in Wesel die Mitglieder der Unterarbeitsgruppe ASS (v.l., oben) Rechtsanwalt Tim Rathner, Dr. Bernhard Uhl (St. Vinzenz-Hospital in Dinslaken), Franziska Pühl (Marien-Hospital Wesel) , Karl-Heinz Schayen (Weißer Ring) sowie (v.l., unten) Axana Getzlaff (Frauenberatungsstelle Moers), Gleichstellungsbeauftragte Petra Hommers und Dr. Susanne Findt (Evangelisches Krankenhaus Wesel.)
NN-Foto: A.Borstnik

„Zwei Mal täglich fährt die Polizei im Kreis Wesel wegen häuslicher Gewalt raus, doch in den meisten Fällen kommt es nicht zur Verurteilung des Täters“, beginnt Petra Hommers, Leiterin des Runden Tisches, und erklärt die übliche Herangehensweise im Falle einer Sexualstraftat: „Bisher mussten Sexualopfer sich also an die Polizei wenden und eine Strafanzeige stellen, damit die Beamten die Ermittlungen aufnehmen konnten. Meist fehlten aber belastende Befunde, da die Betroffenen beispielsweise aufgrund des Schocks oftmals nicht in der Lage waren, über die Tat zu sprechen und detaillierte Aussagen zu machen. Wenn sie aber keine Anzeige stellten, wurde die Polizei erst gar nicht aktiv und konnte somit auch keine Spuren sichern.“
Hätten sich die Opfer also erst später entschieden, die Tat anzuzeigen, sei die Chance ziemlich gering gewesen, den Täter überhaupt zu überführen.
Mit der ASS hoffen die Initiatoren, die Betroffenen aus dieser Drucksituation herauszunehmen und ihnen die Zeit und die Chance zu geben, die Straftat wohlüberlegt und deutlich mutiger anzuzeigen.

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Spuren können bis zu zehn Jahre gesichert werden
Durch das Verfahren der ASS soll es den Geschädigten möglich sein, direkt nach der Tat anonym Beweise zu sammeln und diese erst bei der Rechtsmedizin in Düsseldorf unter einem Pseudonym für bis zu zehn Jahre zu lagern. „Mehr muss vorerst nicht geschehen. Die Betroffenen brauchen also nicht mehr zur Polizei zu gehen, sondern können sich direkt im Krankenhaus behandelt lassen, die ASS durchführen und dann überlegen, ob und wann sie die Tat zur Anzeige bringen “, betont Axana Getzlaff, Koordinatorin der UAG ASS. „So ist die betroffene Person deutlich entspannter, überlegter und psychisch stabiler in ihrer Entscheidung. Und das wollen wir fördern.“
Bei der ASS gehe es darum, Beweisspuren wie Verletzungen und sonstige Tatspuren zeitnah und „gerichtsfest“ zu sichern und zu dokumentieren. Dafür gibt es einen speziellen Koffer mit einem Spurensicherungsset, in dem sich unter anderem ein ärztlicher Untersuchungsbericht zur genauen Dokumentation, sterile Bakterietten, Pergamintütchen für Haare, Packpaiertüten für kontaminierte Textilien, Einwegkamms und eine Kamera befinden. Die gesammelten Daten werden unter einer Chiffrenummer an die Rechtsmedizin geschickt. Sobald eine Anzeige erstattet werden soll, werden die vorhandenen Akten hervorgeholt und die Polizei kümmert sich um die notwendigen Schritte zur Ergreifung des Täters. Gleichzeitig können die Betroffenen aber auch kostenlos und auf Wunsch anonym eine Fachberatungsstelle aufsuchen, um Rat einzuholen.

Hilfe vor Ort:

Zu den teilnehmenden Krankenhäusern zählen das Krankenhaus Bethanien und das St. Josef Krankenhaus in Moers, das Marien-Hospital und das Evangelische Krankenhaus in Wesel, das St. Vinzenz-Krankenhaus in Dinslaken sowie der Fachärtzliche Qualitätszirkel der Frauenärzte am Niederrhein in Moers. Beratungs­angebote bieten die Fachstelle „Frauen helfen Frauen“ in Moers, die Frauenberatungsstelle der Frauengruppe in Wesel und der Weiße Ring unter der bundesweiten Hilfe-Telefonnummer 116 006.

 

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