„Den Markenwert stärken“

Wirtschaftsförderer Sascha Terörde im NN-Interview: Emmericher Einzelhandel nach vorne bringen

EMMERICH. Als Sascha Terörde im Juli vergangenen Jahres als neuer Wirtschaftsförderer in Emmerich antrat, war er sich sicher: „Hier kann man etwas bewegen.“ Was sich vor allem bewegen muss, ist das Image der Stadt – ins Positive. Wie das passieren kann, erläutert Terörde im Interview mit NN-Redakteur Michael Bühs.

Sascha Terörde, Wirtschaftsförderer in Emmerich. NN-Foto: MB
Sascha Terörde, Wirtschaftsförderer in Emmerich.
NN-Foto: MB

Herr Terörde, weshalb hat die Emmericher Innenstadt solch ein negatives Image?
Sascha Terörde: Es hapert am Markenwert der Stadt. Dieser ist gerade in Sachen Einzelhandel ziemlich am Boden.

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Woran liegt das?
Terörde: Es gibt viele Aspekte. Der Emmericher „nölt“ gerne – sehr vieles wird schlechter geredet, als es tatsächlich ist. Beispiel Einzelhändler: Die Geschäfte, die wir in Emmerich haben, sind gute Fachgeschäfte mit Beratung und Vor-Ort-Service. Vor allem mit dem guten Service können die Einzelhändler gegen Groß- und Online-Händler bestehen.

 

Wie wollen Sie auf das Negativ-Image reagieren?
Terörde: Wir müssen die positiven Seiten herausstellen, auf die die Emmericher stolz sein können. Ich merke: Die Leute wohnen und arbeiten hier, sie sind aber nicht stolz auf ihre Stadt beziehungsweise zeigen dies nicht nach außen. Damit zieht man auch den Markenwert runter. Es wird auch zu viel über Leerstand gesprochen. Wir müssen aber zeigen, was da ist. Beispiel Rheinpromenade: Auf vielen Bildern werden die Chemiefirmen links und rechts abgeschnitten. Weshalb? Ich bin als Kind des Ruhrgebiets beispielsweise ein Industrieromantiker. Außerdem prägt die Chemie nun einmal das Stadtbild. Sie ist ein Zeichen für starke Bekenntnisse internationaler Konzerne zu diesem Standort. Zudem müssen wir den Einzelhandel, den wir hier haben, mehr nach außen stellen.

Dennoch gibt es Nachholbedarf.
Terörde: Ja, das Einzelhandelskonzept, welches derzeit erarbeitet wird, stellt heraus, dass es ihn in bestimmten Bereichen gibt. Trotzdem: Den Leuten ist teilweise nicht bewusst, was es alles in Emmerich gibt. Da muss nicht zuletzt die Emmericher Werbegemeinschaft eine ihrer Aufgaben sehen; sie hat in den vergangenen Jahren zu wenig „klassische Werbung“ für ihre Mitglieder gemacht. Aber mit dem neuen Vorstand wird es uns gelingen, das Bild der EWG zu drehen. Ein positives Beispiel ist in jedem Fall die IWE im Stadtteil Elten. Die Eltener leben ihre Marke Elten. Es wäre schön, wenn man diesen Elan auf die Gesamtstadt Emmerich übertragen könnte, zu der Elten ja gehört.

Wie könnte das aussehen?
Terörde: Wir wollen Standortgemeinschaften in der Innenstadt bilden, wollen dazu Eigentümer und Nutzer von Immobilien in kleinen Gemeinschaften zusammenbringen. So können sich eigene Identitäten und ein Wir-Gefühl entwickeln, zum Beispiel „Wir in der Steinstraße“ oder „Wir in der Kaßstraße“. Und dieses Wir-Gefühl kann sich von der kleinen Gemeinschaft auf die ganze Stadt übertragen.

Sehen die Einzelhändler selbst Emmerich ebenfalls so kritisch?
Terörde: Jein. Manche Einzelhändler schon, wenn sie beispielsweise sagen, dass sie in den Wintermonaten eigentlich zumachen könnten oder sich fragen, weshalb sie bei verkaufsoffenen Sonntagen mitmachen sollten. Das Gros aber hat seine Stammkundschaft und sieht auch den Mehrwert, einen guten Service zu bieten. Dazu gibt es den Vorteil der Laufkundschaft durch Touristen. Das Problem hier ist aber die fehlende Einheit der Ladenöffnungszeiten; davon gibt es in Emmerich 27 verschiedene. Ein Tourist kann aber nur schwer nachvollziehen, wenn er nach Emmerich kommt und mittags vor verschlossener Ladentür steht. Neben der Struktur passt auch der Zustand vieler Immobilien nicht.

Wie ließe sich dies angehen?
Terörde: Ich hoffe, dass die im Integrierten Stadtentwicklungskonzept angedachten Programme auch umgesetzt werden. Eines sieht beispielsweise Zuschüsse für Eigentümer vor, die ihre Fassade renovieren. Solche Impulse sind notwendig, um das Bild des Einzelhandelsbereichs zu verbessern. Wir selbst planen für das Frühjahr eine Reinigungsaktion unserer Fassade mit einem Rollgerüst. Dies werden wir dann auch an unsere Nachbarn in der Steinstraße verleihen.

Ist Emmerich als Standort für Einzelhändler uninteressant?
Terörde: Nein, keineswegs, bei Aktionen wie „Heimatshoppen“ machen sie ja mit und zeigen so ihre Ortsverbundenheit. Außerdem haben wir durchaus Anfragen von Einzelhändlern. Wir können nur leider vielfach die entsprechenden Verkaufsflächen von 300 bis 500 Quadratmetern nicht anbieten. Aber auch daran arbeiten wir, sind in Gesprächen mit Eigentümern, ob es beispielsweise Möglichkeiten gibt, Ladenlokale zusammenzulegen oder Flächen zu vergrößern. Insgesamt muss man sagen: Viele der Einzelhändler sind von Emmerich überzeugt, sie stehen zu diesem Standort.

Was sagen Sie zu den Plänen rund um De Witte Telder?
Terörde: Ich sehe es als notwendig, dass die Stadt die Immobilie erwirbt. Sie muss zeigen: Wir tun etwas, nehmen Geld in die Hand. Wenn dieses Objekt belebt wird, hat das Impulse auf die Nachbarschaft.

Was muss in Emmerich noch in naher Zukunft passieren, um den Markenwert zu verbessern?
Terörde: Ich bin optimistisch, dass in diesem Jahr endlich die Bebauung des Neumarktes tatsächlich startet und wir in Zukunft den Platz dann mit entsprechenden Aktivitäten beleben können. Wichtig ist, dass ein sichtbarer Durchbruch zur Kaßstraße kommt. Auch die Verbindung von der Rheinpromenade zur Fußgängerzone und deren Wahrnehmung muss verbessert werden. Optimierungspotenzial sehe ich auch bei der Eingangssituation über die Mennonitenstraße, zum Beispiel durch eine attraktive Bebauung.

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