Mehr Wohnqualität schaffen in Gelderns drittgrößtem Stadtteil

GELDERN. Wer im Gelderner Barbaraviertel mit Rollstuhl oder Rollator unterwegs ist, muss so manches Hindernis in Kauf nehmen. So sind die Erfahrungen von Anni Aan den Boom. Mit ihrem Elektromobil muss sie einen Hindernisparcours absolvieren, um zum „bib-Treff“ an der Annastraße zu gelangen. Die Rentnerin ist hier in der Bürgerinitiative Barbaraviertel (bib) aktiv. Auf ihrem Weg machen ihr allerdings einige Hindernisse das Leben schwer: So stehen beispielsweise Laternen mitten auf dem Bürgersteig oder Bordsteine sind entweder gar nicht oder viel zu steil abgesenkt. Für Anni Aan den Boom ist dies nicht nur lästig. „Für mich ist es ein tägliches Ärgernis“, hebt sie hervor.

Einen Katalog mit Empfehlungen an die Gelderner Stadtverwaltung haben die Mitglieder der Bürgerinitiative Barbaraviertel (bib) zusammen gestellt, um die Wohn- und Aufenthaltsqualität in ihrem Quartier zu verbessern. So ist das Thema Barrierefreiheit beispielsweise für Anni Aan den Boom sehr wichtig. Die Vorstandsmitglieder Hermann Hengstermann (r.) und Willi Theis (l.) sowie Franz-Josef Wolter vom Projektteam Energetische Stadtsanierung Barbaraviertel stellten die Inhalte jetzt vor. NN-Foto: N. Meyer
Einen Katalog mit Empfehlungen an die Gelderner Stadtverwaltung haben die Mitglieder der Bürgerinitiative Barbaraviertel (bib) zusammen gestellt, um die Wohn- und Aufenthaltsqualität in ihrem Quartier zu verbessern. So ist das Thema Barrierefreiheit beispielsweise für Anni Aan den Boom sehr wichtig. Die Vorstandsmitglieder Hermann Hengstermann (r.) und Willi Theis (l.) sowie Franz-Josef Wolter vom Projektteam Energetische Stadtsanierung Barbaraviertel stellten die Inhalte jetzt vor.
NN-Foto: N. Meyer

Die mangelnde Barrierefreiheit im Barbaraviertel ist für die bib-Mitglieder eins von einer ganzen Reihe von Beispielen, die sich auf die Wohn- und Aufenthaltsqualität in Gelderns drittgrößtem Stadtteil auswirken. Vorstandsmitglied Hermann Hengstermann und seine Mitstreiter haben nun einen Katalog mit Empfehlungen an die Stadt Geldern zur „Energetischen Stadtsanierung Barbaraviertel“ erstellt. Darin fassen sie die Ergebnisse des Viertelsparziergangs Ende September zusammen, zu dem sie gemeinsam mit der Stadt Geldern eingeladen hatten. Neben Bürgermeister Sven Kaiser sowie Vertretern aus Verwaltung und Politik nahmen auch 35 Bürger aller Generationen daran teil. Hengstermann: „Die große Teilnahme hat uns sehr gefreut. So konnten wir auf viele unterschiedliche Probleme aufmerksam machen.“
Das Projekt „Energetische Stadtsanierung Barbaraviertel“ umfasst verschiedene Themenfelder, so zum Beispiel die Verbesserung der Energieeffizienz im Mietwohnungsbau und dem Einfamilienhausbau. Aber auch die Sicherung der städtebaulichen Qualität, demografische Veränderungen und Maßnahmen zur Förderung des sozialen Lebens spielen hier eine Rolle. Darum nahmen die bib-Mitglieder gemeinsam mit dem Familienzentrum Barbaragebiet ihr Viertel ganzheitlich unter die Lupe und konnten sechs konkrete Problemfelder bestimmen. Die Liste beginnt mit den Spielplätzen am Kolpingkindergarten und Hexenkessel. Franz-Josef Wolter vom Projektteam kritisiert den schlechten Zustand des Hexenkessels: kein schöner Name, triste Spielgeräte, keine Spielmöglichkeiten für kleine Kinder und verschmutzter Sand. „Und der Spielplatz am Kolpingkindergarten sollte auch attraktiver gestaltet werden. Schön wäre es, hier einen Treffpunkt für alle Generationen zu schaffen“, fährt er fort. Der Verein regt auch an, einen geeigneten Treffpunkt für die Zwölf- bis 16-Jährigen zu gestalten.
Zudem wünschen sich die bib-Mitglieder ein Zentrum, das Aufenthaltsqualität für alle Bürger bietet. Hermann Hengstermann: „Wir machen nur Vorschläge. Die Umsetzung liegt bei der Stadt.“
Das Problemfeld Verkehr stellt für viele Bewohner des Barbaraviertels eine große Belastung dar. Fehlende Radwege an der Vernumer Straße, keine Barrierefreiheit und fehlende Bänke sind hier die zentralen Punkte. Vorstandsmitglied Willi Theis: „Jetzt ist es an der Zeit, grundlegend an der Entwicklung des Viertels etwas zu tun.“ Das „Desinteresse“ der Stadt nennt er ein „Ärgernis“: „Hier hätte man schon vor Jahren reagieren müssen.“ Barrierefreiheit und Sicherheit betreffen viele der insgesamt 4.300 Gelderner in diesem Viertel: Kinder, Fußgänger, Familien mit Kinderwagen, Senioren und mobilitätseingeschränkte Menschen. So soll bespielsweise ein Radweg entlang der Vernumer Straße entstehen. Hermann Hengstermann: „Einige Politiker waren auf dem Spaziergang doch sehr überrascht über die herrschenden Verhältnisse.“ Das Problemfeld Energetische Sanierung hat der Verein bereits aufgegriffen und bietet ab dem kommenden Jahr Beratungstermine zum Energiesparen an. „Uns geht es um die Optimierung auch mit bescheidenen finanziellen Mitteln“, so Willi Theis. Und zum Punkt Seniorengerechte Wohnungen hält Hermann Hengstermann fest: „Die Angebote fehlen, es muss mehr öffentlich geförderter Wohnraum hier entstehen.“ Denn Ziel der Bürgerinitiativie ist es auch, das selbstbestimmte Leben im Alter in ihrem Viertel zu ermöglichen. Bei aller Kritik heben die drei bib-Vertreter hervor: „Unser Viertel ist als Wohn- und Lebens­ort attraktiv. Das wollen wir auch nach außen zeigen. Aber die Stadtverwaltung hat uns in den letzten Jahren ein bisschen aus den Augen verloren.“ Daher will bib jetzt gemeinsam mit dem Familienzentrum und der Stadt die Wohn- und Aufenthaltsqualität hier steigern und sichern.
Dazu wollen sich Hermann Hengstermann und seine Mitstreiter mit der Stadt zusammen setzen, Themenbereiche sortieren, gemeinsam das Vorgehen überlegen und gegebenenfalls öffentliche Mittel finden. Franz-Josef Wolter: „Hauptsache die Stadt nimmt das Barbaravirel jetzt auf die Agenda. Dann finden wir auch Wege, um die Wünsche und Interessen der Menschen hier umzusetzen.“ Hermann Hengstermann geht davon aus, „dass wir im Januar einen Gesprächstermin mit dem Bürgermeister haben werden.“

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