Dachdecker fordern Klärung

Neue EU-Verordnung erschwert Abfallentsorgung nach Sanierungsarbeiten, Dämmmaterial ist als gesundheitsschädlich eingestuft

KREIS WESEL.  Bei Sanierungsarbeiten am Altbau erlebt man schon mal unliebsame Überraschungen – doch   wer sein Flachdach erneuern möchte, sollte sich zuvor genau informieren, wie teuer die Entsorgung der Altmaterialien werden kann.  Die Dachdecker der Region sind erbost. Seit dem 1. Oktober gibt es eine neue Abfallentsorgungsvorschrift, die ihnen die Beseitigung von Dämmmaterialien schwer bis unmöglich macht.

Auch das Dachdeckerhandwerk fordert im Interesse seiner Auftraggeber eine schnelle Klärung der Entsorgung von HBCD-haltigen Dämmstoffen.Foto:  ZVDH
Auch das Dachdeckerhandwerk fordert im Interesse seiner Auftraggeber eine schnelle Klärung der Entsorgung von HBCD-haltigen Dämmstoffen.Foto: ZVDH

Dämmstoffe aus Polystyrol, die mit dem Flammschutzmittel HBCD hergestellt wurden, werden gemäß einer EU-Verordnung als gesundheits- und umweltschädlich eingestuft. Die EU ist damit einem Beschluss der Vereinten Nationen gefolgt.  Folge: Styropor darf nicht – wie bisher üblich – mit dem sonstigen Bauschutt entsorgt werden, es darf auch nicht gelagert werden und es gelten besondere Transportvorschriften, so dass die Handwerker sie nicht ohne besondere Genehmigung zur Müllverbrennungsanlage bringen können. Zunächst sorgte die neue Regelung für eine  Komplettverweigerung der Entsorger, inzwischen nimmt zum Beispiel die Müllverbrennungsanlage Asdonkshof diese Materialien von Baustellen aus dem Kreis Wesel an, doch zu erheblich erhöhten Preisen.

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Andreas Gardemann, Vorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU Wesel, wurde vor einiger Zeit mit diesem Problem konfrontiert.  Er  kann nicht glauben, dass Dachdecker aufgrund dieser Neurege- lung Arbeiten  nicht mehr annehmen können und hat Sorge, dass Arbeitsplätze dadurch in Gefahr geraten.

Dachdecker Theo Möllemann aus Xanten bestätigt: „Bei Container Mono-Chargen, Abbruch von alten Dächern und Fassaden und Entsorgung der angefallenen Bestände liegt der Annahmepreis jetzt bei  1.000 Euro pro Tonne beim Asdonkshof, dazu kommen Transport- und Verpackungskosten, das ist eine  Teuerung von rund  1.000 Prozent. Meine Bauvorhaben mit Abbruch dieser Materialien konnte ich verschieben, so dass nächstes Jahr vielleicht wieder Normalität im Markt eintritt, dies können aber sicherlich nicht alle Dachdecker und andere Gewerke, die damit zu tun haben, so handhaben.“

Auch Dachdecker Thomas Nienhuysen  bestätigt: „Der Arbeitsaufwand für die Trennung der unterschiedlichen Materialien ist erheblich. Wir dürfen die Dämmstoffe nicht lagern und können sie nicht mehr vor Ort entsorgen. Ich hoffe, dass unser Zentralverband Deutsche Dachdecker Handwerk noch eine  Änderung herbeiführen kann, sonst können wir diese Sanierungsarbeiten nicht mehr annehmen, weil sie für die Kunden viel zu teuer werden.“

Thomas Moll, Vertriebsleiter vom Asdonskhof, hält diese EU-Verordnung im Sinne des Umweltschutzes für richtig. Der Aufwand sei zwar höher und er rät, dass die Betriebe vor der Entsorgung Laborproben machen lassen, um überhaupt festzustellen, ob es sich um belastetes Material handelt (die Kosten trägt natürlich der Auftraggeber).

Andreas Gardemann als Lokalpolitiker kann keine Entscheidungen herbei führen. Doch er versichert: „Die MIT-Wesel hat nun den Landesvorsitzenden der MIT, Hendrik Wüst gebeten bei der Landesregierung ein Aussetzen der Regelung durchzusetzen, damit den Handwerkern das Problem genommen wird und die Vorschriften zur Durchsetzung der neuen Entsorgungsvorschrift überarbeitet werden können.“ Er fordert eine zumutbare Durchführungsverordnung.

Der Zentralverband  Deutsches Dachdeckerhandwerk  ist enttäuscht, dass  die Umweltministerkonferenz des Bundes und der Länder keinen Beschluss gefasst hat  zur Rückstufung von HBCD-haltigem Polystyrol als ungefährliche Abfallart. Die Bundesländer Sachsen, Thüringen, Saarland, Berlin, Rheinland-Pfalz und Bayern haben jedoch einen entsprechenden Rückstufungsantrag in den Bundesrat eingebracht, damit sich dieser bereits in seiner nächsten Sitzung am 16. Dezember damit befassen kann.

Der Verband tut alles, um diejenigen Landesregierungen zu überzeugen, die sich bislang noch gegen eine Rückgängigmachung des Abfallschlüssels aussprechen.

René Schneider, MdL, schreibt dazu: „Die Initiative der Branche unterstütze ich voll und ganz. Nach meinen Informationen gibt es ein Spitzentreffen zwischen dem zuständigen Ministerium und Branchenvertretern. Ich denke, dass der Landtag danach beschließen wird, den Rückstufungsantrag im Bundesrat zu stellen bzw. ihn gemeinsam mit den anderen Bundesländern zu unterstützen. Alles andere ist aus meiner persönlichen Sicht Unsinn und muss verhindert werden. Gemeinsam mit meinen Kollegen aus dem zuständigen Ausschuss setze ich mich dafür ein und bin zuversichtlich, dass wir es schaffen, HBCD-haltiges Material künftig wieder so zu behandeln wie vor der Novellierung der Abfallverzeichnisverordnung.“

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