„Alltagsmenschen“:
Ein Volltreffer für Rees

Stadt, Gastronomen, Hoteliers und Einzelhändler profitieren von der Ausstellung in Rees.

REES. Es ist ein absoluter Volltreffer, mit dem sich Ludger Beltermann verabschiedet. „Mit diesem Erfolg haben wir alle nicht gerechnet“, gesteht der scheidende Reeser Kulturamtsleiter. Beltermann hatte im vergangenen Jahr die Ausstellung „Alltagsmenschen“ der Künstlerin Christel Lechner auf den Weg gebracht, die mit 65 Figuren noch bis zum 28. August in Rees zu sehen ist. Von mehr als 100.000 Besucher ist die Rede, Bürgermeister Christoph Gerwers geht davon, dass es „eher 150.000 sein dürften“.

Positive Ausstrahlung: Die „Alltagsmenschen“ locken nach wie vor täglich unzählige Besucher nach Rees. Davon profitieren Gastronomen, Hoteliers und Einzelhändler. Bis zu 28. August bevölkern die Figuren noch Rees.  NN-Foto: Michael Bühs
Positive Ausstrahlung: Die „Alltagsmenschen“ locken nach wie vor täglich unzählige Besucher nach Rees. Davon profitieren Gastronomen, Hoteliers und Einzelhändler. Bis zu 28. August bevölkern die Figuren noch Rees.
NN-Foto: Michael Bühs

Im Vorfeld der Ausstellung hat Beltermann 55.000 Flyer drucken­ lassen – rund 3.500 sind noch übrig. Anhand der Autokennzeichen, die am Wochenende, aber auch unter der Woche in Rees parken, und der Anschriften auf den Teilnahmezetteln fürs Preisausschreiben weiß er: „Fast jede Stadt in Nordrhein-Westfalen ist hier vertreten.“ Damit ist das Vorhaben voll aufgegangen: „Wir wollten über diese Ausstellung auf unsere Stadt aufmerksam machen“, sagt Bürgermeister Gerwers, der von „viel positiver Werbung“ für Rees spricht. Weshalb aber ziehen die „Alltagsmenschen“ so viele Besucher an? Beltermann hat dafür eine recht einfach Erklärung: „Sie strahlen etwas Positives aus.“ Damit aber ist es nicht getan. „Fremde Leute kommen über die Figuren ins Gespräch“, sagt der Kulturamtsleiter. Er und Gerwers gehen davon aus, dass der Erfolg der „Alltagsmenschen“ sich auch nachhaltig bemerkbar machen wird. „Viele, die Rees erst durch die Ausstellung kennengelernt haben, werden bestimmt wiederkommen“, erwartet Gerwers. Von den Stadtführern etwa hat Beltermann von der Resonanz zahlreicher Gäste erfahren: „Wer zum ersten Mal in Rees war, hat oft gesagt, wie sehr es ihm hier gefällt – die kleinen Gassen, die Rheinpromenade. Von denen kommen viele bestimmt noch einmal zu uns.“

-Anzeige-

Dies wiederum freut auch die Reeser Gastronomen, Hoteliers und Einzelhändler. Auch sie haben von der Ausstellung profitiert. „Jeder, der hierher kommt, um die ‚Alltagsmenschen‘ zu sehen, lässt auch etwas Geld hier“, weiß Beltermann. Hoteliers hätten ihm von Gästen berichtet, die im Zuge eines Tagesausfluges in Rees gleich nach einem Prospekt des Hauses gefragt hätten. Voll des Lobes für die Ausstellung sind die Reeser Gastronomen. „Es ist etwas sehr Schönes, das die Stadt da gemacht hat“, findet Gordana Scholaja, Inhaberin der Pizzeria Adriatico II am Markt. „In den vergangenen Wochen sind viele nette Menschen nach Rees gekommen, jung und alt.“ Einen solchen Erfolg einer (Kunst)Aktion habe sie noch nicht erlebt, „wir sind sehr zufrieden und dankbar“. Auch sie gehe davon aus, dass so mancher Besucher in Zukunft erneut den Weg in die Rheinstadt finden wird, „allein schon wegen unserer schönen Rheinpromenade“.

[quote_box_left]Crowdfunding
Über eine Crowdfunding-Aktion arbeiten Stadt und Volksbank Emmerich-Rees daran, dass ein, vielleicht sogar zwei „Alltagsmenschen“ in Rees bleiben.
Noch bis zum 28. August können Freunde der Figuren über das Internet unter https://dervolksbanker.viele-schaffen-mehr.de/paulsneueszuhause und per Überweisungsträger (diese liegen im Bürgerservice der Stadt Rees aus) sich an der Sammelaktion beteiligen. Derzeit fehlen noch rund 1.600 Euro.[/quote_box_left]Wenn das Wetter mitspielt, ist auch bei der Bäckerei Gerards am Kirchplatz nachmittags nur schwer ein freier Platz zu finden. „Auch unter der Woche sind dann alle Tische belegt“, erzählt Mitarbeiterin Jaqueline Vehstedt. Der direkte Zusammenhang mit den „Alltagsmenschen“ sei leicht herzustellen, denn „sehr viele Gäste haben die Flyer zur Ausstellung dabei“. War die Ausstellung ursprünglich nur bis zum 24. Juli geplant, wurde sie aufgrund der großen Resonanz um einen Monat verlängert. „Das hat viel bewirkt“, sagt Mustafa Mustafa, Inhaber des Eiscafé Roma am Reeser Markt. Er sei selbst erstaunt, wie viele Gäste die „Alltagsmenschen“ nach wie vor anlocken: „Fast jeden Tag kommen zwei, drei Reisebusse, auch aus Köln und anderen Großstädten.“ Schon heute blickt er mit einem gewissen Bedauern auf das nahende Ende der Ausstellung. „Ich hoffe aber, dass auch danach mehr Touristen kommen, um Rees besser kennenzulernen.“

Doch was kommt nach den „Alltagsmenschen“? Erst einmal nichts. „Eine unmittelbare Nachfolge-Aktion wird es nicht geben, das ist eine finanzielle und organisatorische Geschichte“, erläutert Gerwers – wobei er aber nicht ausschließen will, dass Christel Lechners Figuren in ein paar Jahre noch einmal nach Rees kommen könnten. „Sie war selbst von der Ausstellung hier sehr begeistert und vom Zusammenspiel mit dem Rhein“, erzählt Gerwers. Doch wie Beltermann bezweifelt Gerwers, dass eine Wiederholung im nächsten Jahr – oder sogar eine Dauerausstellung – die gleiche Wirkung hätte. „Die Ausstellung lebt von der Einmaligkeit“, sagt Beltermann.

Er jedenfalls kann zufrieden und „auch ein bisschen stolz“, wie er mit einem Schmunzeln gesteht, zum 1. September seine neue Stelle als Leiter Zentrale Dienste bei der Stadt Rees antreten. Wobei ihm „sein“ Erfolgsprojekt auch dann weiter begleiten wird, wie er verrät: „Ich arbeite mit Frau Lechner daran, dass uns die ‚Alltagsmenschen‘ vielleicht in irgendeiner Form erhalten bleiben.“

Vorheriger ArtikelKampf um die Königswürde und viele alte „Schätzchen“
Nächster ArtikelSabrina Albert führt die neue
Junge Union Mittelkreis