Kampf um „die grüne Lunge“ in Rheinberg geht weiter

Bürgerinitiative zog Petition zurück, Stadtverwaltung muss Baugenehmigung für AWO-Bau überprüfen

RHEINBERG. 2.000 Unterschriften sammelte die Bürger-Initiative Rund um den Pulverturm mit dem Ziel, den geplanten AWO-Verwaltungsneubau an der ehemaligen Montessori-Schule  zu verhindern. Über eine Petition sollte am Mittwoch vergangener Woche in der Ratssitzung abgestimmt werden. Doch in der Sitzung zog Initiatorin Michaela Vervoort diese Petition zurück. Was war passiert?  

Michaela Vervoort (4.v.r.) und Ralf Winstoth (3.v.r.) von der Bürger-Initiative Rund um den Pulverturm nutzten den Rundgang durch Rheinberg mit CDU-Politikern vom Regionalverband Ruhr, um ihren Kampf um den Erhalt des Areals im Denkmalschutzgebietes zu begründen NN-Foto: Lorelies Christian
Michaela Vervoort (4.v.r.) und Ralf Winstoth (3.v.r.) von der Bürger-Initiative Rund um den Pulverturm nutzten den Rundgang durch Rheinberg mit CDU-Politikern vom Regionalverband Ruhr, um ihren Kampf um den Erhalt des Areals im Denkmalschutzgebietes zu begründen
NN-Foto: Lorelies Christian

Michaela Vervoort erläutert: „Der Rückzug bedeutet auf keinen Fall Aufgabe unseres Kampfes gegen den geplanten Neubau. Er musste sein, weil unser Petitionsantrag von den Ratsleuten abgelehnt worden wäre. Sie hatten uns das im voraus signalisiert, weil unsere Forderung auf Rückabwicklung des 1. Teil-Grundstücksverkauf an die AWO zu Regressansprüchen gegen die Stadt führen könnte. Dem dürfen die Ratsmitglieder nicht zustimmen, weil sie damit der Stadt Schaden zufügen würden. Also hätten sie unseren Petitionsantrag abgelehnt. Trotzdem haben ja die CDU und die Grünen sich uns gegenüber klar gegen den Bau ausgesprochen. Eigentlich gab es die Vereinbarung, dass CDU und Grüne die Stadt beauftragen sollten, doch noch nach einem anderen Standort für den Neubau zu suchen. Das ist aber leider in der Ratssitzung nicht so klar gesagt worden.“
Diese Ratssitzung am Mittwoch empfand Ralf Winstroth von der Initiative als „Trauerspiel“. „Es war die einzige Gelegenheit zur öffentlichen Diskussion, doch sie wurde nur genutzt für einen Vortrag des von der Stadt beauftragten Rechtsanwaltes, auf den man nichts entgegnen durfte“, zeigt sich Winstroth enttäuscht.

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Stadt hat drei Alternativen

Christoph Blömer ist Fachanwalt für Verwaltungsrecht. Er zeichnete drei Möglichkeiten für den weiteren Verfahrensweg auf: 1. Die Stadt könne den Bauantrag der AWO ohne weitere Prüfung ablehnen. Dies hält er aber für rechtswidrig.
2. Die Stadt hält den Bauantrag für zulässig und teilt der AWO ihre Absicht mit, die Baugenehmigung auszusprechen.
3. Die Stadt solle versuchen, den Kaufvertrag rückabzuwickeln. Dabei rechnet er damit, dass die AWO der Stadt Planungskosten von über 100.000 Euro in Rechnung stellen würde.
Seine Empfehlung: Die Stadtverwaltung solle die Stellungnahme des Amts für Denkmalschutz  beim Landschaftsverband Rheinland (LVR) überprüfen – die achtseitige Stellungnahme rät der Stadt dringend ab, in diesem denkmalgeschützten Areal dieses überdimenstionierte Gebäude zu genehmigen (die NN berichteten). Blömer hät diese Einschätzung für falsch und setzt darauf, dass „öffentliches Interesse“ Vorrang vor Denkmalschutz habe.

Klärung vor Gericht?

Nun liegt die weitere Verfahrensweise an der Entscheidung der Stadtverwaltung Rheinberg. Es scheint festzustehen, dass es auf eine gerichtliche Entscheidung hinausläuft:
Das LVR-Amt für Denkmalpflege hat bereits angekündigt, den Bauminister einzuschalten. Wird dieser dem Denkmalschutz  Vorrang einräumen, wird wohl die AWO klagen – sieht der Minister das „öffentliche Interesse“ bevorzugt, würden wohl die Anwohner der Ritter- Kurfürsten- und Alte Rheinstraße klagen.

Der Kampf geht weiter

Die Bürgerinitiative kann selbst nicht den Klageweg beschreiten, legt aber nicht die Hände abwartend in den Schoß. „Wir werden jetzt die Gemeindeprüfungsanstalt und den Bund der Steuerzahler einschalten“, geben Vervoort und Winstroth nicht auf. Ihre Fragen hinsichtlich Ausschreibung, Verhandlungen mit der AWO unter Ausschluss der Öffentlichkeit, Verkauf des Grundstücks unter Zeitdruck, die sie seit ihrer Gründung hartnäckig wiederholen, sind immer noch nicht beantwortet. Jetzt möchten sie die Begründungen der Stadtverwaltung einfordern und auch wissen, warum es keine Bauvoranfrage gegeben hat – denn diese  würde jetzt Schadensansprüche klären. Hat die Stadt signalisiert, alles zu genehmigen und der Bau darf doch nicht errichtet werden, würde sie in Regress genommen. Hat der Architekt zu verantworten, dass keine Voranfrage gestellt wurde, könne die AWO ihn belangen. Und überhaupt, wie kommt Rechtsanwalt Blömer auf Planungskosten in Höhe von über 100.000 Euro? Fragen über Fragen, die immer noch offen bleiben.
Die Initiative kämpft weiter für  Naturschutz, die alten Bäume auf dem Schulhof sollen erhalten bleiben, für Denkmalschutz, die ehemalige Burganlage soll nicht überbaut werden, die Freifläche soll als Spielraum erhalten bleiben! Ihr Anliegen erläuterten Vervoort und Winstroth auch beim Rundgang mit CDU Politikern des RVR. Diese hatten sich vor Ort ein Bild davon gemacht, ob das Handlungskonzept für den Rheinberger Ortskern bezuschusst werden kann. Es geht um Fördermittel des Landes zur Stärkung des Einzelhandels im historischen Ortskern Rheinbergs.
Am Pulverturm war Dirk Schmidt, Fraktionsgeschäftsführer der CDU RVR, angetan von der attraktiven Freifläche inmitten des Zentrums. Sie könne als Anlaufpunkt für Radtouristen dienen, die vom Rhein kommend die Stadt erkunden möchten. „Dafür gibt es weitere Förderprogramme“, stellt er in Aussicht.
Michaela Vervoort hofft, dass die „grüne Lunge“ für Rheinberger und Touristen  erhalten bleibt und ist genauso wie Ralf Winstroth fest entschlossen, dafür zu kämpfen.

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