Marion Claaßen, Maria Peeters und Hildegard Wolff (vl) haben im vergangenen Jahr 443 Frauen und junge Mädchen beraten. NN-Foto: CDS

GOCH. Ein gewaltfreies Zuhause ist für viele Frauen noch lange nicht selbstverständlich – diese Erfahrung machen Hildegard Wolff, Maria Peeters und Marion Claaßen von der Frauenberatungsstelle „Impuls“ in ihrer täglichen Arbeit immer wieder. Jetzt stellten sie die Jahresbilanz für 2015 vor.

„Wir haben insgesamt 443 Frauen und jugendliche Mädchen beraten“, berichtet Hildegard Wolff. Mit einem Anstieg von 57 auf 62 Prozent – das sind 276 Frauen und Mädchen – hat das Thema häusliche oder sexualisierte Gewalt daran den größten Anteil. Stark angestiegen ist in den letzten Jahren auch der Anteil von Frauen mit anderer Nationalität oder Migrationshintergrund; sie machen inzwischen 30 Prozent der Ratsuchenden aus.

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162 mal wurde „Impuls“ 2015 von der Polizei informiert, dass eine Interventionsberatung notwendig ist – in den meisten Fällen wurde der gewalttätige Partner für zehn Tag der Wohnung verwiesen. Die Beraterinnen setzen sich in einem solchen Fall zeitnah mit den Frauen in Verbindung, bieten ihre Unterstützung an und helfen bei der Entscheidung, wie es weitergehen soll. Und da die Gewalt nicht nur die Frauen betrifft, rückt zunehmend auch die Hilfe für Kinder in den Fokus. Denn Gewalt löst nicht nur ein Trauma bei den betroffenen Frauen aus: „Wir erleben oft, dass Täter früher selber Opfer waren“, erläutert Maria Peeters, „deshalb ist die frühe Hilfe so wichtig.“ So weist die FBS „Impuls“ die Frauen in Anschreiben und Gesprächen auf Hilfsangebote für Kinder hin und vernetzt sich noch weiter, zum Beispiel mit Beratungsstellen der Caritas für Kinder, Jugendliche und Familien.

Maria Peeters, Hildegard Wolff und Marion Claaßen sind zudem ausgebildete Trauma-Beraterinnen. Sie begleiten viele Frauen, bis ein Therapieplatz zur Verfügung steht. Das kann dauern, denn: „Therapeutische Begleitung ist nach wie vor ein Elend“, sagt Maria Peeters. Im Kreis Kleve gebe es einfach nicht genügend Ärzte, die auf Trauma-Therapie spezialisiert seien, ergänzt Marion Claaßen.

Ebenfalls traumatisch und mit noch einem größeren Tabu behaftet, ist für Frauen die sexualisierte Gewalt, wie Vergewaltigung oder Belästigung. „Viele Frauen kommen erst nach Wochen zu uns, wenn es ihnen schlecht geht“, weiß Hildegard Wolff. Deshalb werde dies das große Thema der Netzwerkarbeit 2016 sein.
Zum „Netzwerken“ zählen auch die Mitarbeit an den Runden Tischen für ein gewaltfreies Zuhause im Kreis Kleve, Fachveranstaltungen, Fortbildungen oder Präventionsveranstaltungen an Schulen, hier unter anderem mit dem Thema Essstörungen.

[quote_left]„Therapeutische Begleitung ist nach wie vor ein Elend.” [/quote_left]

Mit ihrer Arbeit wurde die FBS „Impuls“ in den letzten Jahren immer bekannter. Immer mehr Frauen nutzen die kostenlose und vertrauliche Beratung, die in der Hauptstelle in Goch, in Kleve, Emmerich und Geldern angeboten wird. Das bindet Zeit und macht sich – leider – auch im Geldbeutel bemerkbar. „Wenn vor lauter Arbeit keine Zeit zum ,Klinkenputzen‘ bleibt, merkt man das in der Folge“, bilanziert Maria Peeters. Die dringend notwendige Öffentlichkeitsarbeit kommt dann oft zu kurz. Finanziell sei 2015 ein schwieriges Jahr gewesen, so Hildegard Wolff. Denn neben der Unterstützung durch das Land NRW und die Kommunen im Kreis Kleve muss die Frauenberatungstelle 15 Prozent ihrer Kosten selber stemmen – rund 20.000 Euro. Dies geschieht hauptsächlich durch Spenden. Dafür wurde vor einigen Jahren die Aktion „Raumpate“ ins Leben gerufen, es gibt regelmäßig Geld aus Kollekten und auch Privatspenden. Wenn in Verfahren Bußgelder verhängt werden, können diese an verschiedene Organisationen gehen, eben auch an die FBS „Impuls“. Das sei allerdings weniger geworden, seitdem bei der Staatsanwaltschaft Kleve vor knapp zwei Jahren das Dezernat „Häusliche Gewalt“ aufgelöst worden sei, so die Beraterinnen: „Es wäre besser, wenn wir dort wieder einen Ansprechpartner hätten.“

Der Blick auf die angespannte Finanzlage vieler Kommunen im Kreis macht ebenfalls Sorgen: „Wir sind eine freiwillige Leistung, die Kommunen müssen uns nicht unterstützen, tun es aber“, erklären Maria Peeters, Marion Claaßen und Hildegard Wolff. Von den Kommunen erhält die FBS eine Pauschale für Beratungen – allerdings nicht für die telefonische oder eine anonyme Beratung. Die Stadt Goch habe aber immer deutlich gemacht, dass sie die Arbeit von „Impuls“ schätze: „Sie haben immer gewusst, was sie an uns haben“, so Maria Peeters.

Wer sich über die Arbeit der FBS „Impuls“ informieren möchte, kann dies unter www.fb-impuls.de tun.

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