„Wir sind wie eine Familie“

Inklusives Theaterprojekt „Fanta 10“ greift aktuelles und brisantes Thema auf. Drei Aufführungen in Emmerich (9./10. April) und in Rees (20. April).

EMMERICH. Viele sind schon „alte Hasen“ im Showgeschäft. Lampenfieber? Ein Fremdwort. „Durch die Scheinwerfer sehe ich ja auch das Publikum nicht – das ist der Vorteil“, verrät René Tebaay mit einem Lachen. Er ist ein Mitglied der ersten Stunde bei „Fanta 10“, dem inklusiven Theaterprojekt des TIK im Schlösschen Borghees und der Lebenshilfe Unterer Niederrhein. Am Samstag, 9., und Sonntag, 10. April, jeweils 19 Uhr, wird im Stadttheater in Emmerich bereits das vierte Stück mit dem Titel „Lehmanns ver-rückte Welt“ aufgeführt.

Die Plätze getauscht: Ausnahmsweise hat das Ensemble von „Fanta 10“ um Judith Hoymann sich ins Publikum gesetzt; am 9. und 10. April aber stehen sie wieder auf der Bühne des Stadttheaters. NN-Foto: MB
Die Plätze getauscht: Ausnahmsweise hat das Ensemble von „Fanta 10“ um Judith Hoymann sich ins Publikum gesetzt; am 9. und 10. April aber stehen sie wieder auf der Bühne des Stadttheaters.
NN-Foto: MB

Im vergangenen Jahr stand „Fanta 10“ mit der locker-leichten Krimikomödie „Mordshunger“ auf der Bühne, neun Laienschauspieler wirkten mit. Inzwischen hat das Ensemble Zuwachs bekommen, 15 Mitglieder – sechs mit Handicap – wirken nun mit. „Theaterspielen bedeutet, etwas Neues auszuprobieren. Das funktioniert gerade in einer solchen Gruppe nur mit großer Achtsamkeit für sich und die Mitspieler“, betont Judith Hoymann, die wieder die Regie übernimmt.

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Bei den Proben wird auch deutlich, dass sich „alle Schauspieler auf Augenhöhe bewegen“, wie Ulrich Röth versichert. Wenn einer der Schauspieler in seinem Text hängt, wird geduldig gewartet oder mit einem Stichwort weitergeholfen. „Die Gruppe ist wirklich zusammengewachsen“, freut sich Hoymann. Ihr Anteil daran ist nicht unerheblich, wie René betont: „Sie ist eine tolle Regisseurin.“ Und Schauspielkollege Thorsten Overgoor ergänzt: „Judith bringt uns alles ganz toll bei. Wir haben sie von Anfang an ins Herz geschlossen.“

Seit Sommer vergangenen Jahres laufen die Proben für das neue Stück, in dem es um Thomas Lehmann geht, einen Nörgler und Besserwisser. Er arbeitet bei der Stadtverwaltung und wird dort nicht gerade als 01einfühlsamer Kollege geschätzt. Doch er ist auch einsam. Dann bekommt er eines Tages die Aufgabe, sich um 14 Menschen zu kümmern, die in der Stadt eine erste Notunterkunft brauchen. Als er sie vom Bahnhof abholt, wird schnell deutlich: Diese Leute sind in jeder Hinsicht besonders. Hin- und hergerissen zwischen beruflicher Verantwortung und privatem Desaster, gerät Lehmann zunehmend in eine Falle.

[quote_box_left]Karten
Neben den Aufführungen im Emmericher Stadttheater am 9. und 10. April gibt es auch eine am Mittwoch, 20. April, 19 Uhr im Reeser Bürgerhaus.
Karten zum Preis von drei Euro gibt es unter Telefon 02828/7570, Telefon 02822/975840 und per e-Mail an j.hoymann@web.de.[/quote_box_left]Nach der Krimikomödie erwartet die Zuschauer diesmal eine einfühlsame und spannende Geschichte, die ein aktuelles und brisantes Thema aufgreift. „Wir bringen viel Persönliches, aber nie Privates auf die Bühne“, erläutert Judith Hoymann. „Die Schauspieler füllen ihre Rollen mit eigenen Ideen, Eindrücken und Erfahrungen.“

Für die Ensemble-Mitglieder geht es neben dem Spaß an der Schauspielerei auch um das Zusammensein, die Gemeinschaft. „Wir machen auch privat Dinge zusammen, zum Beispiel Ausflüge oder Essen gehen“, erzählt Thorsten Overgoor. Neuzugänge werden sofort in die Gruppe integriert. „Manche schauen sich die Aufführungen an und entscheiden sich dann, selbst einmal mitzumachen“, weiß Judith Hoymann. Der eine oder andere hat zuvor bereits Theater gespielt und sucht nun neue Wege, kreativ zu werden. So entsteht eine durchweg homogene Truppe. „Es passt schon, wenn man sagt: Wir sind wie eine Familie“, findet Hoymann. Im Gegensatz zu Thomas Lehmann ist hier niemand einsam.31

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