Es war einmal in Wattenscheid

Sonja Katzy-Leijenhorst sammelt Eierbecher. Bei der letzten Zählung waren es 1.017 Exemplare

NIEDERRHEIN. Gibt es das Sammler-Gen? Vielleicht. Fest steht: Es gibt Menschen, die – vorsichtig gesagt – zum Sammeln neigen. Sonja Katzy-Leijenhorst ist unsichtbare 73 Jahre alt und hat einen Hang zu Eierbechern. Sie besitzt den einen oder anderen. Bei der letzten Zählung waren es 1.017, aber die Zahl stammt vom letzten Umzug und der war nicht vorgestern.

Sonja stammt aus der Gegend um Hilversum. In Zandvoort lernte sie, ein paar Jahre ist das her, Herrn Katzy kennen. Man heiratete und wohnte zunächst in Aachen. Es folgten Dortmund, Wattenscheid, Donsbrüggen und Kleve. Schicksalhaft war die Station Wattenscheid. Die Katzys wohnten über einer alten Kneipe. „Als die Besitzer den Betrieb aufgaben, fragten sie mich, ob ich einen Blick in den Keller werfen wolle um mal zu schauen, ob da was Brauchbares zu finden sei. Da fand ich dann in einer Schrankschublade einen einzelnen Eierbecher”, erinnert sich Sonja 1.017 Eierbecher später.

-Anzeige-
Sonja Katzy Leijenhorst sammelt Eierbecher. NN-Foto: RDehnen
Sonja Katzy Leijenhorst sammelt Eierbecher. NN-Foto: RDehnen

Sonja hatte immer schon schöne alte Sachen gemocht, aber einen Sammlermasterplan gab es nicht. „Aber irgendwie entstand damals der Entschluss, Eierbecher zu sammeln.” Klar. Warum auch nicht? Fortan gab es Eierbecher zu allen Gelegenheiten. Die Sammlung wuchs. Sonja suchte auf Flohmärkten, ging in Geschäfte, stöberte hier und da. Die Schranke im Kopf: Kein Eierbecher sollte teurer als 5 Mark sein. Nicht alle Vorsätze halten für die Ewigkeit. Ab und an wurde auch mal ein teureres Stück angeschafft.

„Die ersten Eierbecher gab es schon in Pompej”, sagt Sonja. Von denen hat sie keinen. Aber sie hat einiges: Eierbecher aus Papier, geflochtene Eierbecher, hölzerne, Eierbecher aus Keramik, Bakelit, Ton, Glas, Metall – ein Stück ist gar aus Marmor. Auch im Fernsehen war sie schon: „Gesucht – gefunden” hieß die Sendung. Im Anschluss an die Ausstrahlung: Eine Eierbecherwelle. „Eigentlich”, sagt sie, „habe ich mit dem Sammeln aufgehört”. Eigentlich. Sonjas Credo: „Wenn du anfangen musst, die Sammlung zu verpacken, weil kein Platz mehr da ist, sollte es genug sein.”

Als Sonja mit dem Sammeln anfing, gab es kein Internet. Heute genügt ein Klick bei einer Suchmaschine. Schnell finden sich Gleichgesinnte, Tauschbörsen, Adressen, Informationen. Wenn Sonja Katzy-Leijenhorst ihre Sammlung zeigt, wird schnell klar: Ein mehrbändiges Werk zur Kultur- und Formgeschichte des Eierbechers wäre kein Problem. Es gibt Eierbecher in allen erdenklichen Farben, Formen und Materialien – es gibt sie maschinell und in Handarbeit gefertigt. Die Eierbecher der frühen Tage wurden von Hand bemalt und gestempelt. „So etwas findet man heute nicht mehr.”

Der Alptraum vieler Sammler: Irgendwann wird ein Lebenswerk in alle Winde zerstreut. Auch Sonja Katzy-Leijenhorst kann sich mit einem solchen Gedanken nicht anfreunden. „Schön wäre, wenn ein Museum die Sammlung übernehmen würde”, sagt sie. Und eine Ausstellung? „Sie ahnen ja nicht, was für ein Aufwand das ist: Alles einpacken, auspacken, wieder einpacken und wieder auspacken …” Schön wär‘s natürlich trotzdem und das nicht nur in der Osterzeit. Der nächste Eierbechersammler, von dem Sonja weiß, wohnt in Krefeld. Sie hat ihn im Internet gefunden. Carl-Ludwig Riedel hat an die 1.000 Stücke.

Ist das Sammeln tatsächlich kein Thema mehr? Nun ja – Sonja hat fertig, aber ihr Mann bringt doch hier und da und dann und wann ein neues Stück nachhause. Macht der Gewohnheit. Gibt‘s denn bei Katzys eigentlich ein tägliches Frühstücksei? „Nein. Und wenn wir mal Eier essen, dann nehme ich Eierbecher aus dem Küchenschrank.” Höchstens zu ganz besonderen Anlässen schafft es ein Sammlungsstück auf den Frühstückstisch.

Vorheriger ArtikelSozialverband VdK: Bestimmt kein Verein für „alte Leute“
Nächster ArtikelLand fördert Ausbau der Viktor-Gemeinschaftsgrundschule Xanten