Junge Flüchtlinge ins Pfarrhaus

Gebäude an der Hansastraße wird Unterkunft für zehn „Unbegleitete minderjährige Ausländer“.

EMMERICH. Im Amtsdeutsch werden sie „UMAs“ genannt. Das Kürzel steht für „Unbegleitete minderjährige Ausländer“ – im vorliegenden Fall in Emmerich sind es zehn minderjährige Flüchtlinge, die ohne Begleitung von Angehörigen nach Deutschland gekommen sind. „Sie sind vermutlich alle über die Balkanroute gekommen“, sagt Norbert Pastoors, Geschäftsführer der Katholischen Waisenhausstiftung, die die Einrichtung betreibt, „haben aber alle unterschiedliche Fluchtgeschichten.“ Was sie künftig verbindet, ist die Unterkunft: Am kommenden Dienstag ziehen sie in das einstige Pfarrhaus an der Hansastraße.

Die Stadt hat das Gebäude für rund 175.000 Euro bekauft, etwa 30.000 Euro kosteten die notwendigen Renovierungsarbeiten. „Es gab nur wenig zu tun. Das Haus stand fast ein halbes Jahr leer und befand sind in einem guten Zustand“, berichtet Bürgermeister Peter Hinze. Die zehn Jugendlichen im Alter zwischen 15 und 17 Jahren sind bereits seit einigen Monaten in Emmerich, leben derzeit in der Übergangsunterkunft auf dem Reiterhof Lensing-Hebben in Hüthum. Sie stammen aus Syrien, dem Irak, Afghanistan und Ghana. Teilweise haben sie sich allein auf den Weg nach Deutschland gemacht, teilweise wurden sie auf der Flucht von ihren Familien getrennt – oder Mutter oder Vater starben auf der Flucht.

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In der neuen Unterkunft gilt das Konzept der Selbstversorgung – eine Hauswirtschaftskraft wird dies mit den Jugendlichen übernehmen. Den jungen Flüchtlingen sollen ein geregelter Tagesablauf und feste Strukturen geboten werden – in einem möglichst familienähnlichen Umfeld. „Sie kennen solche Strukturen und auch Regeln aus ihrer Heimat“, weiß Pastoors aus Erfahrung in ähnlichen Einrichtungen, die die Waisenhausstiftung betreibt. Für alle ist ein Schulplatz vorgesehen, den Tagesablauf – mit Freizeitgestaltung und sozialen Aktivitäten – regeln fünf Sozialpädagogen der Stiftung. „Sport beispielsweise ist sehr wichtig und wird gezielt gefördert“, sagt Pastoors.

Im ehemaligen Pfarrhaus werden die Jugendlichen allein oder zu zweit in Schlafzimmern untergebracht. Auf rund 250 Quadratmetern gibt es drei Duschen und drei WCs sowie unter anderem eine Küche und ein gemeinsames Wohnzimmer. Für die Sozialpädagogen stehen ein Büro sowie ein eigenes Schlafzimmer zur Verfügung. „Es gibt eine Nachtbereitschaft“, erläutert Pastoors, „ein Mitglied des Betreuerteams übernachtet immer im Haus.“

Die Waisenhausstiftung hat längst Kontakt zur benachbarten Grundschule und zum Kindergarten aufgenommen, auch bei den Anwohnern haben sich Mitglieder des Betreuerteams vorgestellt und erläutert, was in der neuen Einrichtung passieren soll. „Wir planen auch noch einen Nachmittag, zu dem wir die Anwohner einladen, damit sie die Jugendlichen kennenlernen und sich einen Eindruck von der Einrichtung verschaffen können“, kündigt Pastoors an.

Während der Zeit in der neuen Einrichtung geht es auch um die Zukunft der Jugendlichen. Ein Vormund muss bestellt und Fragen des Ausländerrechts geklärt werden. „Die Sozialpädagogen müssen schauen: Welchen Weg können die Jugendlichen bei Erreichen der Volljährigkeit einschlagen?“, ergänzt Pastoors. Für ein mögliches Asyl müsse auch die Herkunft geklärt werden. „Ziel ist es in diesem Fall, dass die Volljährigen in eine eigene Wohnung ziehen und neue ‚UMAs‘ in die Einrichtung kommen können“, sagt Gaby Niemack vom Emmericher Jugendamt.

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