Von Fahrtenbüchern, Elster und Steuersündern

KLEVE. „Nichts in dieser Welt ist sicher, außer dem Tod und den Steuern“, hat Benjamin Franklin einst festgestellt. Beste Voraussetzungen für die deutschen Finanzämter, die alljährlich mit Beginn des Monats März mit der Bearbeitung der Einkommenssteuer starten. Im Fachjargon heißt das „Veranlagungskampagne 2015“. So werden aktuell auch in Kleve die Stifte angespitzt – auch wenn mittlerweile viele Steuererklärungen elektronisch eingehen und automatisch bearbeitet werden. Für die Mitarbeiter eine deutliche Arbeitserleichterung. Und laut Finanzamt-Vorsteher Manfred Winkler wird „Elster“ das Papier mittelfristig komplett ablösen.
„In diesem Jahr werden die Steuererklärungen, die von Gewerbetreibenden und Selbstständigen auf Papiervordrucken eingereicht werden, noch angenommen“, erklärt Sandra Tigler, Hauptsachgebietsleiterin für die Einkommenssteuer. Ab dem kommenden Jahr müsse man aber mit Verspätungszuschlägen rechnen. Denn seit 2011 besteht bereits die gesetzliche Verpflichtung, in bestimmten Bereichen die Steuererklärung elektronisch  zu übermitteln. Laut Tigler wird diese Vorgabe aktuell von rund zwei Drittel der Betroffenen erfüllt. Im „freiwilligen“ Bereich seien es immerhin schon knapp 50 Prozent. „Für Arbeitnehmer gibt es diese Verpflichtung noch nicht“, betont Winkler, stellt aber in Aussicht, dass sich das ändern wird. Zumal persönlich eingereichte Anträge von den Mitarbeitern erfasst oder eingescannt werden müssen. Ein Arbeitsschritt, den man einsparen könne.
Was man ebenfalls mit Blick auf die „Veranlagungskampagne 2015“ wissen sollte, sind die sogenannten „Prüffelder“, die in diesem Jahr besonders unter die Lupe genommen werden. „Landesweit sind das die Investitionsabzugbeträge und der Verlustabzug bei Körperschaften – speziell in Kleve werden wir den Bereich der privaten Mitnutzung von Dienst- und Firmenwagen genauer prüfen“, sagt Winkler. Hier gebe es die Möglichkeit der „1-Prozent-Regelung“ oder alternativ das Führen eines Fahrtenbuchs. „Die Veranlagung nach Fahrtenbuch fällt meist günstiger aus“, weiß Tigler. Deshalb werde diese Methode häufiger genutzt. Ob dabei auch korrekt versteuert wird, ist in diesem Jahr Thema. Wer einen Firmenwagen nutze, müsse laut Tigler also damit rechnen, dass das Finanzamt intensiver nachschaut.
Auch über allgemeine Änderungen auf Bundesebene möchte Winkler die Klever „Steuerbürger“ informieren. Die Behörde ist mit ihren 291 Mitarbeitern immerhin für rund 50.000 Arbeitnehmer und 20.000 Unternehmer zuständig, und das Steueraufkommen belief sich in 2015 auf rund 865 Millionen Euro. „Auf Bundesebene steigt der Grundfreibetrag, ebenso der Kinderfreibetrag“, erklärt Winkler. Beides werde bei der Steuererklärung automatisch berücksichtigt. Angehoben wurde auch der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende. „Wichtig dürfte auch sein, dass der Besteuerungsanteil der gesetzlichen Rente für Neurentner ab diesem Jahr 70 Prozent beträgt“, so Winkler. „Dieser Besteuerungsanteil wird weiter steigen und schließlich bei 100 Prozent enden“, erklärt Tigler, dass die Renten in absehbarer Zeit komplett versteuert werden.

Besondere Aufgabe

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Die Nähe zu den Niederlanden beschert der Klever Behörde eine besondere Aufgabe. „Wir sind das Zentralfinanzamt für die deutsche Umsatzbesteuerung niederländischer Unternehmer“, sagt Winkler. Dass die Grenzlage auch von Steuerschuldnern genutzt wird, weiß Ralf Wenning, Hauptsachgebietsleiter Erhebung. „Im Inland agieren die Finanzämter als eigene Vollstreckungsbehörde“, erklärt er. Im Ausland hingegen sei man auf „Amtshilfe“ angewiesen. „28 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union haben hierzu einheitliche Regeln festgelegt“, führt Wenning aus. Steuerschuldner könnten sich nicht durch ein Umziehen in die Niederlande ihrer deutschen Steuerschulden entziehen, denn in diesem Fall würden die niederländischen Finanzbehörden die Steuern eintreiben. Und umgekehrt. „Das funktioniert sehr gut“, betont Wenning. Diese „Beitreibungsgesuche“ würden in der Regel ab einem Betrag in Höhe von 1.500 Euro gestellt. In 2015 seien von Kleve aus immerhin etwa 160 Ersuche auf den Weg gebracht worden. „Über 90 Prozent davon in die Niederlande“, so Wenninger. Zwar könne es mitunter Jahre dauern, bis die Schuld eingetrieben ist, hilfreich sei es aber trotzdem. Übrigens: Auch in diesem Fall setzen die Finanzämter auf elektronische Hilfsmittel. Ein europaweit anzuwendendes Computerprogramm sorgt dafür, dass die Ersuche einheitlich verfasst und auch gleich in die richtige Sprache übersetzt werden.

Verena Schade

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