EMMERICH. Dass Kunstunterricht mehr sein kann, als Frontalunterricht und Einzelarbeit beweisen derzeit Schüler der Klasse 8 des Willibrord-Gymnasiums in Emmerich. Unter Anleitung ihrer Kunstlehrerin Paula Backhaus haben die Schüler eine Mauer am Eingang zur Schule bemalt.

Sie ist bunt und erinnert an das Farbkonzept von Johannes Itten. Und mittendrin acht kleine und große Einzelgemälde, an denen die Achtklässler seit August eine Stunde in der Woche arbeiten. „Ziel des Projektes ist es, die Gruppendynamik und die Eigenverantwortung der Schüler zu fördern“, betont die Kunstlehrerin.
Für eines der Einzelgemälde ist die 14-jährige Karolina Kobat zuständig. Mit ihrem Bild, auf denen ein Mädchen und ein Junge mangahaft dargestellt sind, will sie die Individualität im Schulalltag darstellen. „Das Mädchen steht für das Kreative und der Junge für die Theorie. Damit wird sichtbar, dass jeder eigene Stärken und Schwächen hat und nach diesem Prinzip auch seine AG´s wählt“, sagt sie.
Ein weiteres Motiv, an dem drei Schülerinnen noch zeichnen, ist eine bunte Collage mit Comic-Helden. Die habe jedoch kein tiefe Bedeutung, sondern soll nur bunt wirken, äußern die fleißigen Malerinnen lächelnd. Weiter unten an der Mauer soll noch ein Bild des Revolutionärs Che Guevara und ein Affenkopf auf die Mauer gesprüht werden. Daneben stehen bereits die Worte „Hören“, „Mund auf“ und „Hinschauen“, die genau das Gegenteil meinen, was das Drei-Affen-Motiv darstellt. „Man soll Respekt vor dem Leben haben und mutig sein, aber die Überzeugungen sollten nicht fundamental und zu ernst gesehen werden“, erzählt der 14-jährige Philip Heßeling. Das Bild ist bewusst gegenüber dem Stück Berliner Mauer, die auf der Wiese des Schulgebäudes steht, gemalt, um auf die Krisen in der Welt zu weisen.
Zwei Bilder stellen eine Art Dschungel dar, der den nicht so leichten Weg zum Abitur  weist.  Ein Sonnenaufgang im Hintergrund steht dabei für die überwundenen Ängste.
Der „göttliche Funke“, der in Michaelangelos Werk „Die Erschaffung Adams“ auf Adam übergehen soll, nimmt ebenfalls einen Platz auf der Schulmauer ein. Hier versucht der antriebslose Frey aus der Comicserie „Futurama“ den Finger Gottes zu erreichen. „Mit dem verschlafenen und antriebslosen Frey können sich viele Schüler identifizieren, wenn es darum geht, das Wissen der Lehrer aufzunehmen“, erzählt Backhaus schmunzelnd. Bei einem Bild waren sich die Schüler nicht sicher, ob es ebenfalls an die Mauer gemalt werden sollte. Am Ende entschied man sich dafür und wählte das „PeaceforParis“-Symbol des Künstlers Jean Jullien, dass an die Anschläge in Paris erinnern soll, als Zeichen der Solidarität.
Auch die beleuchtete Rheinbrücke von Emmerich bei Nacht ist in das Gesamtwerk eingeflossen. Jedoch wird sie von einem überdimensionalen Pacman in schwarz-weiß gefressen. „Die Schüler zeigen damit ihr ambivalentes Verhältnis zu Emmerich. Der Ying-Yang-Pacman soll dabei für die fehlende Ausgewogenheit sorgen“, betont die Kunstlehrerin. Die letzte weiße Fläche, die    noch in den nächsten Tagen gefüllt werden soll, wird eine weitere Mangafigur von Karolina Kobat schmücken. „Welche Bedeutung sie haben wird, haben wir noch nicht festgelegt“, sagt Backhaus.

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