Mit Handicap zum Traumjob

Der 21-jährige Sören Beeker aus Bedburg-Hau absolviert eine Ausbildung zum Fahrradmechatroniker

GOCH/BEDBURG-HAU. Sören Beeker lebt mit einer Spenderniere und verfügt über einen Grad der Schwerbehinderung. Der 21-Jährige absolviert eine Ausbildung zum Zweiradmechatroniker bei der Lörper Fahrrad GmbH in Goch. Für seinen Arbeitgeber zählt vorrangig, dass der junge Mann für alles „brennt”, was mit Fahrrädern zu tun hat. Denn: „Leidenschaft für die Tätigkeit rückt mögliche Einschränkungen durch Behinderung in den Hintergrund”, so Carlo Lörper.

Sören Beeker absolviert eine Ausbildung in seinem Traumjob NN-Foto: Marjana Križnik
Sören Beeker absolviert eine Ausbildung in seinem Traumjob
NN-Foto: Marjana Križnik

Rennradfahren ist Sören Beekers große Leidenschaft. Seitdem er zahlreiche Medikamente einnehmen muss, die eine Abstoßungsreaktion seiner Spenderniere verhindern sollen, ist der junge Mann in seiner Freizeit viel mit dem Rad unterwegs. „Durch die Tabletten würde ich sonst stark zunehmen”, erklärt er. Wie bei Sören, ist bei vielen Menschen mit Handicap ihre Behinderung nicht auf den ersten Blick erkennbar. Sören Beeker wurde vor drei Jahren dialysepflichtig. Nach einem halben Jahr wurde ihm schließlich die Niere seines Vaters transplantiert. Der junge Mann muss in regelmäßigen Zeitabständen Medikamente einnehmen. Außerdem ist er nicht voll belastbar, darf nach seiner Transplantation nicht schwer heben. Regelmäßige Checks beim Arzt sind nach wie vor notwendig. Der Bedburg-Hauer ließ sich trotz Handicap nicht von seinem Berufswunsch abbringen: Er macht eine Lehre in seinem Traumjob. Sören begeistert: „Je mehr ich sehe, desto mehr will ich lernen. Auch sein Chef Carlo Lörper freut sich: „Sören lebt den Beruf, ist Feuer und Flamme. Das erleben wir selten bei jungen Menschen.” Für Lörper rückt diese Leidenschaft mögliche gesundheitliche Beeinträchtigungen in den Hintergrund. Berührungsängste hatte Carlo Lörper nicht, da sein Betrieb bereits früher einen jungen Mann mit Handicap ausgebildet hatte. Arbeitgebern mit Vorbehalten rät er: „Man muss ehrlich schauen, was jemand leisten können muss.” Bei der Lörper Fahrrad GmbH sind die Arbeitsplätze mit mechanischen Hebebühnen ausgestattet, das kommt allen Mitarbeitern zugute, denn die immer mehr verbreiteten E-Bikes sind deutlich schwerer als andere Zweiräder. Carlo Lörper betont. „Sörens Einschränkungen sind minimal. Durch sein Engagement und seine Leidenschaft zum Thema Fahrrad kann er sogar deutlich besser sein als ein nicht behinderter Mensch, der nicht in dem Maße für das Thema brennt.”

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Martina Tück vom Arbeitgeber-Service der Agentur für Arbeit Wesel weist darauf hin, dass junge Menschen mit Handicap auf dem Ausbildungsmarkt häufig das Nachsehen haben: „Es gibt auf diesem Gebiet viel Aufklärungsbedarf. An diesem Beispiel sieht man sehr gut, worauf es ankommt – nämlich auf echtes Interesse an dem Beruf und das Arbeitgeber und Bewerber zusammenpassen.” Das habe mit einer Behinderung weniger zu tun. Der Arbeitgeber-Service sei da, um Angst und Scheu bei den Arbeitgeber zu nehmen. „Zudem gibt es neben einer individuellen Beratung verschiedene Möglichkeiten, Unternehmen bei der Einarbeitung eines jungen Menschen mit Handicap zu unterstützen,” so Tück. Wenn Hemmnissse und Minderleistungen vorliegen, prüft die Agentur für Arbeit dies. „Wenn Herr Beeker etwa technische Hilfen bräuchte, würde das geprüft werden”, so Tück. Und dann würden Maschinen umgerüstet werden. Lörper: „Die Betreuung, Beratung, und die Leistungen vonseiten der Bundesagentur für Arbeit sind sehr gut. Man wird mit diesem Thema nicht allein gelassen, auch bei Fragen, wie: wo bekomme ich Fördermittel?” Es gehe darum, behinderten Menschen, die integriert werden sollen, eine Zukunftsperspektive zu ermöglichen, so Lörper. Er ergänzt: „Firmen erhalten äußerst motivierte Mitarbeiter. Und es gibt nichts Wichtigeres als einen motivierten Menschen zu haben. Unterstützung erhalten sie hierbei von der Bundesagentur für Arbeit. Das ist ein sehr interessantes Paket für Firmen”, ist Carlo Lörper überzeugt.

Aktionswoche:

Im Rahmen einer bundesweiten Woche der Menschen mit Behinderung möchten Arbeitsagenturen und Jobcenter die Öffentlichkeit und Arbeitgeber dafür sensibilisieren, dass Menschen mit Handicap einen wertvollen gesellschaftlichen Beitrag auf dem Arbeitsmarkt leisten. Im Kreis Kleve sind aktuell 659 Menschen mit Behinderung arbeitssuchend. Arbeitslosigkeit dauert bei schwerbehindnerten Menschen länger als bei Arbeitslosen ohne Schwerbehinderung. Im Kreis Kleve haben 52,4 Prozent der schwerbehinderten Arbeitslosen eine abgeschlossene Berufsausbildung, bei nicht schwerbehinderten sind es 42,5 Prozent. Die Beschäftigungsquote der privaten Arbeitgeber im Kreis Kleve lag 2013 (3,6 \%) unter NRW-Niveau (4,6 \%). Infos für Arbeitgeber unter Telefon 0281/9620357 oder Wesel.Arbeitgeber arbeitsagentur.de. Kostenlose Hotline: 0800/4555520

 

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