Die Tänzerin von Ausschwitz

Lesung am Mittwoch, 30. September, zur Biographie von Roosje Glaser die als Kindheit in Kleve lebte

KLEVE. Sie ist weltberühmt. Sie verbrachte ihre Kindheit in Kleve und lernte die ersten Tanzschritte im Café Bollinger. Bis vor kurzem wusste das in Kleve niemand mehr. Am Mittwoch, 30. September, erzählt Paul Glaser in zwei Lesungen mit Foto- und Filmdokumenten die Geschichte seiner „Tante Roosje” und zugleich die Geschichte seiner Nachforschungen zur Aufdeckung eines großen Familiengeheimnisses.

Roosje Glaser mit zwei Freundinnen Foto: privat
Roosje Glaser mit zwei Freundinnen
Foto: privat

Lange Zeit war die Biographie dieser so bemerkenswerten Frau nur auf Niederländisch erschienen und bald ins Englische übersetzt. Die Washington Times schrieb zu dem Buch „Die Tänzerin von Auschwitz – Die Geschichte einer unbeugsamen Frau” : „Eines der außergewöhnlichsten Leben des 20. Jahrhunderts.” Noch vor Erscheinen der deutschen Übersetzung entdeckte die Geschichts-AG im Klevischen Verein für Kultur und Geschichte das Buch und nahm Kontakt mit dem Autor auf, unterstützt von der VHS und dem Haus der Begegnung – Beth HaMifgash. Paul Glaser akzeptierte die Einladung in die Stadt, an die sich seine Tante Roosje mit so viel Liebe und Verbundenheit erinnerte, sofort und gerne. Fast wie im Roman beginnt seine eigene Geschichte, die zur Aufdeckung des Kriegsgeheimnisses seiner Familie führte: Während eines Besuchs im Vernichtungslager Auschwitz entdeckt Paul Glaser einen Koffer – beschriftet mit seinem Familiennamen. Bei seinen Nachforschungen entdeckt er die verdrängten jüdischen Wurzeln seiner Familie und die unglaubliche Überlebensgeschichte seiner Tante. Er besuchte sie in Schweden, wo sie sich nach dem Krieg eine neue Existenz aufbauen konnte, nachdem auch der niederländische Staat sie wie eine Aussätzige behandelt hatte. Aus Roosjes Tagebüchern und Briefen hat er ihre Biographie zusammengesetzt.Roosje Glaser verbrachte ihre Kindheit in Kleve verbracht – der Vater war Geschäftsführer bei der Margarine Union. Im Café Bollinger bekam sie ihren großen Wunsch erfüllt: Tanzen zu lernen.

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Die Familie zog in den 30er Jahren nach Nijmegen, in Amsterdam ist sie eine temperamentvolle und emanzipierte Tanzlehrerin, die ihren Lebensmut gegen den nationalsozialistischen Terror verteidigt. Roosje Glaser hatte zeitlebens eine starke Ausstrahlung – optimistisch, überschwänglich und hochintelligent. Sie war eine junge Frau, die sich nicht um Konventionen kümmerte. Als vielgefragte Tanzlehrerin tourte sie vor dem Krieg durch ganz Westeuropa, verliebte sich heftig und oft. Im Alter von 25 verlor sie ihre große Liebe bei einem Flugzeugunglück, heiratete den falschen Mann und suchte Trost bei einem anderen. Dann besetzten die Nationalsozialisten die Niederlande. Für Roosje, eine nicht-praktizierende Jüdin, wurde es gefährlich. Sie betrieb eine illegale Tanzschule im Anbau des Elternhauses, wurde sowohl von ihrem Ex-Ehemann als auch von ihrem Geliebten verraten und schließlich von der SS gefangen genommen. Ihr Weg durch die Lager endete in Auschwitz. Sie überlebte, weil sie ihren SS-Bewachern Tanz- und Benimm-Unterricht gab. Roosje war die geborene Entertainerin. Ihr wacher Geist und ihr unwiderstehlicher Charme sowie ihre unglaubliche Lebensenergie halfen ihr, in der Hölle von Auschwitz zu überleben. Von den 1200 Menschen, die mit ihrem Transport ankamen, überlebten nur acht. Die erste Veranstaltung beginnt um 12 Uhr in der Stadthalle Kleve. Der zweite Lesetermin ist um 19 Uhr im Kolpinghaus Kleve. Der Eintritt beträgt fünf beziehungsweise 2,50 Euro. Karten gibt es nur an der Tages- beziehungsweise Abendkasse.

 

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