Seine Recherchen füllen inzwischen mehrere Aktenordner. Horst Winterle möchte den Verein „Coeur sans Frontières“ (Herzen ohne Grenzen) am Niederrhein bekannter machen. NN-Foto: CDS

UEDEM. Erst spät hat Horst Winterle erfahren, dass seine Eltern ein Geheimnis hüteten. Kurz vor ihrer Hochzeit im Juni 1942 offenbarte der Vater, dass er in Frankreich mit einer anderen Frau ein Kind habe.
Stationiert war Horst Winterles Vater mit seiner Sanitätseinheit zur damaligen Zeit im Raum Vesoul/Voghesen.

Und ab da wird es schwierig – keine weiteren Anhaltspunkte, um nach dem Verbleib des Vaters und des Bruders oder eben der Schwester zu forschen. Denn im Januar 1945 verliert sich die Spur seines Vaters. „Da wurde noch einmal sein Sold ausgezahlt und danach reißt alles ab“, erzählt Winterle. Seine Vermutung: Der Vater musste mit dem letzten Aufgebot an die Ostfront und ist dort namenlos gefallen. Die Familie floh in den Nachkriegswirren aus dem damaligen „Warthegau“ in den Westen und kam schließlich nach Uedem.

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„Suchen Sie die Nadel im Heuhaufen, wenn Sie noch nicht einmal genau wissen, wo der Heuhaufen überhaupt steht“, fasst Winterle das Problem zusammen. Er las sich ins Thema ein und betrieb eigen Recherchen. Als dann 2012 eine Sendung im WDR lief, die sich mit der Thematik der Kriegskinder beschäftigte, wurde Horst Winterle hellhörig. Von der Redaktion bekam er den Tipp, sich an den Verein „Coeurs sans Frontières“ zu wenden. „Der Verein ist hauptsächlich im süddeutschen Raum aktiv, hier ist er weniger bekannt.“

Das möchte Horst Winterle ändern: „Es kann doch nicht sein, dass das ,Problem‘ am Niederrhein nicht existiert.“ Der Verein hilft Kriegskindern bei der Suche nach dem Vater in Frankreich, Deutschland oder Österreich – und eben auch nach Geschwistern. Kein leichtes Unterfangen, wenn zum Beispiel Archive zusammengelegt oder aufgelöst werden, und man sich durch meterlange Karteikästen arbeiten muss. Hinzu kommt noch, dass Kinder aus den Verbindungen zwischen Soldaten und einheimischen Frauen jahrzehntelang als „Schande“ betrachtet wurden, über die man nicht sprach.

Kontakte knüpfen, den Dialog fördern und Informationen zur Verfügung stellen, das hat sich der Verein deshalb zur Aufgabe gemacht (www.coeurssansfrontieres.com). Ehrenamtliche Helfer unterstützen die Vereinsarbeit. So werden „Löcher“ in der Familienchronik gestopft und Familien zusammengeführt.
Bruder oder Schwester und Hinweise auf seinen Vater hat Horst Winterle bisher leider nicht gefunden, dafür aber interessante Vorträge und Gespräche bei den jährlichen Treffen des Vereins. „Die Verständigung klappt immer irgendwie“, lacht er. Und das ist schließlich das Wichtigste.

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