NIEDERRHEIN. Auf ein gutes Jahr blickt Herzenswunsch Niederrhein in diesen Tagen zurück. Immer mehr Menschen unterstützen den Verein, sammeln Spendengeldern und bringen sich ein. Gestartet ist die Initiative als Hospizverein. Mit der Zeit kam als weiterer Schwerpunkt das Erfüllen von „Herzenswünschen“ hinzu. Ob die Fahrt im Ferrari oder das Treffen mit einem Fußball-Profi – die letzten Wünsche von schwerkranken Kindern und Jugendlichen stehen hier im Fokus. Mittlerweile ist ein weiterer Aspekt hinzu gekommen: Die Trauerbegleitung. Denn zurück bleiben oft junge Menschen, die an die Hand genommen werden müssen.

„Wir erklären den Kindern und Jugendlichen, dass es normal ist, wenn man trauert. Dass es auch normal ist, wenn man mal fröhlich ist. Und dass die Trauer einen immer wieder trifft. Trauer hört nicht auf. Sie ist ein Zeichen von Liebe.“ Bianca van Hardeveld ist ehrenamtlich als Trauerbegleiterin für Herzenswunsch Niederrhein im Einsatz und hat schon vielen Familien geholfen. Außerdem leitet sie zwei Trauergruppen, die sich regelmäßig in Xanten treffen. „Wir möchten weitere Gruppen für Kinder und Jugendliche am gesamten Niederrhein gründen“, sagt der Bedburg-Hauer Arzt Reinhold Kohls, der Herzenswunsch 2004 gegründet hat. Und er hat noch viel vor. Ende Januar werden zehn „Herzenswünscher“ auf Kosten des Vereins ihre Ausbildung zum ehrenamtlichen Trauerbegleiter beginnen. Kohls: „Ich möchte, dass alle trauernden Kinder und Jugendlichen von uns aufgefangen werden können.“

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Er weiß auch, wie wichtig es ist, dass Bezugspersonen außerhalb der Familie sensibel mit dem Thema umgehen. „Im April hat Herzenswunsch Niederrhein ein kostenloses Seminar auf der Wasserburg in Rindern angeboten und 120 Pädagogen haben daran teilgenommen“, sagt Kohls. Die Nachfrage ist groß. Und die Resonanz war überwältigend. „Wir haben ein tolles Feedback bekommen“, freut sich Kohls und weiß, dass die Initiative die Spendengelder hier gut investiert hat. Finanziert werden weiterhin auch Aktionen wie die Freizeit-Woche, an der im Sommer acht trauernde Kinder teilgenommen und neue Kraft getankt haben.
Mit dabei war auch die sechsjährige Mara, deren Vater im Mai 2016 tödlich mit dem Motorrad verunglückt ist. „Ich bin damals in die Familie gekommen und viel Trauer, Wut und Ratlosigkeit begegnet“, erinnert sich Bianca van Hardeveld. Sie weiß: „Auch wenn die Angehörigen da sind und sich gegenseitig unterstützen, sind doch in dem Moment alle Betroffene.“ Als Trauerbegleiterin versuche sie, „Ruhe reinzubringen“ und den Kindern ein Stück weit Normalität zu vermitteln. Neben Mara sind da nämlich auch noch Luis (9) und Alea (4). „Wir haben damals viel geredet und gebastelt“, erzählt van Hardeveld, wie sie sich dem Thema Tod nähert. Sie betont: „Uns geht es da nicht um die Verstorbenen, sondern um die, die zurückgeblieben sind und weiterleben müssen.“ Auch auf die Beerdigung hat van Hardeveld die Kinder vorbereitet. „Wir haben den Sarg bemalt und Luftballons aufsteigen lassen“, erzählt Mara. Sie hat eine gelbe Sonne gemalt – „weil Papa es gerne bunt hatte“. „Abschied nehmen geht nur ein einziges Mal – und es ist auch für die Kinder ganz wichtig, egal wie alt sie sind“, weiß van Hardeveld.

[quote_box_left]Einen ganz konkreten Wunsch für das kommende Jahr hat Bianca van Hardeveld: „Wir hätten gern einen festen Raum, der uns für Veranstaltungen zur Verfügung steht.“ Bislang treffen sich die beiden Trauergruppen im „Evan“ in Xanten (an jedem ersten Freitag im Montag die Kinder bis zwölf Jahren, an jedem dritten Freitag die Jugendlichen, jeweils 17 bis 18.30 Uhr) und der Trommel-Workshop am vierten Freitag in der Kung Fu Akademie in Xanten. „Die Leute sind alle total lieb, aber eine feste Anlaufstelle, die immer zur Verfügung steht, wäre trotzdem toll“, sagt van Hardeveld. Dieser Raum sollte möglichst im Raum Xanten sein und wichtig wäre auch eine gute Anbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Kontakt unter Telefon 0151/ 65625815.[/quote_box_left]

Für Maras Mutter Tanja (38) war – und ist – Bianca van Hardeveld eine wichtige Stütze. Zumal vor einigen Wochen unerwartet und plötzlich Luis‘ Klassenlehrerin verstorben ist. „Sie war eine wichtige Person in seinem Leben und hat ihn nach dem Tod seines Vaters gut aufgefangen“, sagt Tanja. „Man braucht Menschen, die mit dieser Situation umgehen können“, ist van Hardeveld überzeugt. „Es gibt immer wieder Momente, in denen die Kinder wieder mit ihrer Trauer und dem Verlust konfrontiert werden.“
Wichtigen Halt kann auch das Zusammentreffen Trauernder geben. So hat Herzenswunsch Niederrhein auf der Wasserburg ein Wochenende für Familien mit Kindern finanziert, die ein Elternteil verloren haben. Und eine Gruppe von trauernden Jugendlichen im Alter von 13 bis 18 Jahren konnte an zwei Wochenenden an einem Foto-Workshop teilnehmen. „Die Jugendlichen haben Gegenstände mitgebracht und in Szene gesetzt, die sie an den Verstorbenen erinnern“, erklärt Bianca van Hardeveld. Besonders beeindruckt hat sie die Vertrautheit, die sich schnell eingestellt hat. „Man teilt das gleiche Schicksal“, erklärt sie.
Auch im nächsten Jahr soll die Arbeit von Herzenswunsch Niederrhein fortgesetzt werden. In Planung sind Workshops für trauernde Familien, eine weitere Trauer-Freizeit und Fortbildungen für Pädagogen. Zudem wird es eine Schulprojektwoche zum Thema Trauer und Abschied nehmen in Hasselt geben, an der auch das Theater miniart beteiligt ist. „Ein wichtiges Event ist natürlich auch unser Sommerfest, das am 30. Juni im Hauer Festzelt stattfinden wird“, sagt Reinhold Kohls. Zudem setzt er darauf, dass sich weitere Mitstreiter finden, die sich für den Verein engagieren. „Und ich möchte, dass sich niemand scheut uns anzusprechen“, sagt Kohls. Weder mit Blick auf die Erfüllung von Herzenswünschen, noch mit Blick auf die Trauerbegleitung. „Wir versuchen alles möglich zu machen und bieten kostenlos Hilfe an“, betont Kohls. Wer sich einen Überblick verschaffen möchte, findet unter http://www.herzenswunsch-ndrh.de jede Menge Bilder, Videos und Geschichten und natürlich auch Kontaktdaten.

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