REES/KALKAR. „Damals… – 50 Jahre Rheinbrücke Rees-Kalkar“ heißt die Ausstellung, die noch bis zum 4. Februar 2018 im Reeser Museum Koenraad Bosman zu sehen ist und um Ostern ins historische Rathaus von Kalkar umzieht. Die Reeser Stadtarchivarin Tina Oostendorp und Eila Braam haben mehr als 40 Infotafeln erstellt und historische Exponate zusammengetragen.

Schon bei der Grundsteinlegung am 27. April 1965 hoben die damaligen Bürgermeister Johann Meisters (Rees) und Hermann Theißen (Kalkar) die über Jahrhunderte gewachsenen Beziehungen zwischen dem rechtsrheinischen Rees und dem linksrheinischen Kalkar hervor. Auf der Urkunde, die in einer Kupferkapsel in das Betonfundament der Brücke eingelassen wurde, steht: „Rees ist auch nach vollendetem Wiederaufbau weithin gerühmt wegen seiner reizvollen Lage am Rhein. Kalkar hat durch die historischen Bauten von St. Nicolai und Rathaus sein mittelalterliches Antlitz bewahrt. Schon oft bestand hier in Kriegszeiten eine provisorische Brückenverbindung zwischen beiden Ufern. Mögen der Bau dieser 987,5 Meter langen Schrägseilbrücke und die spätere Nutzung nur friedlichen Zwecken dienen, sodass die Rheinbrücke Rees-Kalkar Symbol des guten Willens und des Friedens ist.“

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Ein 95 Meter langes Teilstück der Brücke stürzte am 24. November 1966 ein.
Foto: Stadtarchiv Rees

Bund und Land beschlossen Anfang der 60er Jahre, dass nach Wesel und Emmerich auch Rees und Kalkar eine Brücke erhalten sollten. Zu dieser Zeit pendelte noch immer die Autofähre „Stadt Rees“ zwischen beiden Ufern. Diplom-Ingenieur Hellmut Homberg entwarf die Rheinbrücke, die als letzte ihrer Art genietet und nicht geschweißt wurde, mit vier stabförmigen Pylonen. Für die Bauarbeiten bei Rheinkilometer 838,65 wurden 20 Millionen Mark veranschlagt, die Eröffnung wurde auf den Sommer 1967 terminiert.

Doch am 24. November 1966 stürzte ein 95 Meter langes Teilstück der Brücke ein, als Bauarbeiter die Hilfsstützen unter der Brückenfahrbahn beseitigen wollten. Auf Kalkarer Seite hatte das zuvor problemlos funktioniert, auf Reeser Seite rutschte eine Lagerrolle aus ihrer Position. Als Ursache für den Zwischenfall wurden später Temperaturschwankungen ausgemacht: Oben auf der Fahrbahn herrschte eine andere Temperatur als unterhalb der Konstruktion. Dadurch geriet das Teilstück in Bewegung und zerbrach. Niemand wurde verletzt, doch der Schaden lag bei 2,5 Millionen Mark und verzögerte die Fertigstellung der Brücke um ein halbes Jahr.

Am 19. Dezember 1967, einen Tag vor der Brückeneinweihung, reiste Bundespräsident Heinrich Lübke mit der Bahn nach Rees und wurde am Bahnhof Empel empfangen. Nach einer Ansprache im Rathaus übernachtete Lübke im Rheinhotel Dresen. „Wir hatten damals nur ein Zimmer, das ein eigenes Bad und WC hatte“, sagt Inhaberin Magda Dresen. Diese „Präsidentensuite“ mit Rheinblick war dem prominenten Gast vorbehalten. Die anderen Zimmer durften aus Sicherheitsgründen eh nicht vermietet werden. Lübkes Leibwächter dösten nachts im Flur auf Sesseln.

Bundespräsident Heinrich Lübke (2. von rechts) nahm an der Einweihung teil.
Foto: Stadtarchiv Rees

Am nächsten Morgen war es bitterkalt. „Lübkes Begleiter riefen beim Wetteramt an und wollten eine Prognose für das Wetter an diesem Mittwoch“, erinnert sich Magda Dresen und weiß: „Wegen der Kälte trug der Präsident eine Pelzmütze mit Ohrenklappen.“ Im schwarzen Mercedes wurde das Staatsoberhaupt zur Brücke chauffiert, wo unter anderem Bundesverkehrsminister Georg Leber, Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Heinz Kühn, Diözesanbischof Josef Höffner und die Bürgermeister von Rees und Kalkar warteten. Begleitet von festlicher Musik des Isselburger Blasorchesters wurde das symbolische Band zerschnitten. Auf beiden Seiten des Rheins herrschte an diesem Tag Volksfeststimmung. Auf Kalkarer Gebiet standen zwei große Festzelte: eines für die Honoritäten, eines für die Arbeiter, die zweieinhalb Jahre zuvor kritisiert hatten, dass sie nicht zur Feier nach der Grundsteinlegung eingeladen worden waren. Die Reeser Schüler hatten schulfrei und standen am Straßenrand, wo sie mit schwarz-rot-goldenen Fähnchen den Ehrengästen zuwinkten. Da die Fähre an ihrem letzten Tag kostenlos fuhr, nutzten viele Schüler die Gelegenheit, gleich mehrmals überzusetzen und mit dem ebenfalls kostenlosen Bus, der linksrheinisch bereitstand, über die Brücke wieder nach Rees zu fahren.

Im Jahr 2017 ließ Straßen.NRW die Rheinbrücke Rees-Kalkar auf Herz und Nieten prüfen. „Sie ist auch in ihrem Jubiläumsjahr noch gut in Schuss“, bestätigte Bürgermeister Christoph Gerwers im Rahmen der Ausstellungseröffnung im Reeser Museum. Täglich nutzen 15.410 Autos und Lastwagen die „Reeser Harfe“, wie die Brücke liebevoll genannt wird. Der Verkehrs- und Verschönerungsverein Rees spendierte der Brücke zum Jubiläum eine LED-Beleuchtung. Zwölf Scheinwerfer strahlen seit der Kirmes 2017 die vier Pylonen an, vorausgegangen waren ein dreijähriges Genehmigungsverfahren und Ausgaben von circa 41.000 Euro. Im Vergleich zu den Rheinbrücken in Wesel und Emmerich ist die Strahlkraft der Rheinbrücke Rees-Kalkar noch ausbaufähig. „Die Kabel sind gelegt, eine Erweiterung ist möglich“, sagt der VVV-Vorsitzende Bernd Hübner. Die Stromkosten für die Beleuchtung, die allabendlich über eine astronomische Schaltuhr automatisch anspringt, übernimmt die Stadt Rees.

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