Jugendliche diskutieren mit
Experten über „ihre“ Stadt

Emmericher Schüler stellen im PAN Fragen an Vertreter von Verwaltung und Institutionen

EMMERICH. Die „geballte Fachkompetenz” hat sich mehr als 120 Emmericher Schülern in einer Diskussionsrunde im PAN gestellt und Fragen beantwortet, die die Jugendlichen beschäftigen. Vertreter der Verwaltung, von Kirchen und Verbänden sowie weiteren Institutionen nahmen bei „Emmerich für Dich – Deine Meinung zählt” zu verschiedenen Themen wie Freizeit-Angebote, Schulen, Leerstand, Rassismus, ÖPNV und öffentliche Sicherheit Stellung.

Für die Diskussionsrunde hatten die Organisatoren von der Jugendpflege Emmerich eine „Fish-Bowl” gewählt: Dabei saßen jeweils vier Schüler und vier „Experten” in einem kleinen Stuhlkreis – einen festen Platz hatte Bürgermeister Peter Hinze –, die übrigen Teilnehmer in mehreren Kreisen außen herum. Schüler, die eine Frage stellten, nahmen auf einem der Stühle in der Mitte Platz; je nach Frage tauschten die Experten daraufhin die Plätze.

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An einer Pinnwand konnten die Schüler die Themen festhalten, die während der Diskussionsrunde nicht angesprochen wurden.
An einer Pinnwand konnten die Schüler die Themen festhalten, die während der Diskussionsrunde nicht angesprochen wurden.

Erstes Thema, das viele der Jugendlichen bewegte, waren die fehlenden Freizeit-Angebote vor allem für 14- bis 16-Jährige in Emmerich. „Hier herrscht tote Hose”, kritisierte beispielsweise Kamil von der Realschule. Nicole vom Willibrord-Gymnasium wies darauf hin, dass Emmerich ihrer Meinung nach „immer leerer” werde – auch in Sachen Einzelhandel und attraktive Geschäfte – und „einer Geisterstadt” nahekomme.

Karin Ingendahl vom Jugendcafé am Brink verwies auf die Aktivitäten im JuCa, appellierte zugleich aber an die Jugendlichen, die Mitarbeiter anzusprechen und Ideen vorzubringen. „Wir haben eine offene Jugendarbeit”, erläuterte Bürgermeister Hinze, „das Programm im JuCa soll sich an den Wünschen der Jugendlichen orientieren.” Doch räumte der Bürgermeister auch ein, dass „wir vielleicht mehr in Dialog treten sollten”.

Wirtschaftsförderer Sascha Terörde ergänzte, dass dies ein für Emmerich „schwieriges Thema” sei, das nicht nur die junge Generation betreffe. „Es gab in der Vergangenheit verschiedene Ansätze für Veranstaltungen, die aber nicht auf fruchtbaren Boden fielen”, berichtete Terörde und warb darum, dass die Jugendlichen auch an ihn Wünsche und Anregungen herantragen. Kulturchef Michael Rozen­daal machte auf die Möglichkeit aufmerksam, „für kleines Geld” kulturelle Veranstaltungen im Stadttheater zu besuchen, und bot an, sich mit Schülersprechern auszutauschen; er regte dazu vierteljährliche Treffen an.

Zur Frage, wie es um ein Kino in Emmerich bestellt sei, sagte Bürgermeister Hinze, dass es in der Vergangenheit eines gegeben habe, die Jugendlichen dennoch aber nach Kleve gefahren seien, weil „der Sound dort besser ist”. Inzwischen sei „der Traum vom Kino in Emmerich wohl begraben”, da sich kein Investor finden lasse, der es wirtschaftlich betreiben könne.

Zum Thema Einzelhandel nahm Terörde Stellung: „Die großen Anbieter bekommen wir gar nicht nach Emmerich, dazu fehlen hier die entsprechenden Flächen.” Er versprach: „Wir arbeiten aber an einem attraktiven Einzelhandel.”

Über den Stillstand auf dem „leeren Platz” am Neumarkt wunderte sich Julie von der Realschule. „Es ist nicht nur ein leerer Platz, sondern leider schon seit Jahren eine Brache”, machte Hinze deutlich, dass auch er mit der bisherigen Entwicklung nicht glücklich ist. Jochen Kemkes, Leiter des Fachbereiches Stadtentwicklung, übernahm die weitere Erläuterung: „Wir sind mit dem Projekt soweit, dass es kurz vor der Realisierung steht.” Ein Einzelhandelsstandort, gemischt mit Wohnbebauung, solle dort entstehen. „Über attraktives Wohnen und Einzelhandel wollen wir mehr Leben in die Stadt holen.”

[quote_box_left]Gegen Rassismus
Ein schwieriges, allerdings sehr aktuelles Thema brachte Jordan aus der Klasse 6 der Gesamtschule zu Sprache: Rassismus. Er selbst werde in der Schule beleidigt und gemobbt. „Da ist jeder von uns gefragt”, betont Hinze. „Es gibt zwar keine Musterlösung, aber jeder muss sich selbst hinterfragen.”[/quote_box_left]Zum Thema Verspätungen von Schulbussen sagte Stephan Kreth von der Niag, dies liege teilweise an „widrigen Umständen”; er kündigte aber an, dass sich mit einer Fahrplan-Anpassung im Dezember „etwas ändern” solle. Ein Schüler kritisierte, er müsse seit seinem 16. Geburtstag den doppelten Fahrpreis zu bezahlen hätte, obwohl er auch weiter kein Geld verdiene. Kreth argumentierte, für die Preispolitik sei der VRR verantwortlich, „als Niag haben wir da nur wenig Einflussmöglichkeiten”. Und: „Wir brauchen auch das Geld zur Aufrechterhaltung des ÖPNV.”

Weiter sprachen die Jugendlichen die Entwicklung der neuen Gesamtschule an, den Zustand der Schulen und das Thema Inklusion. Im Sommer 2018 solle das Gebäude an der Paaltjessteege fertig sein, dann werde man am Brink weitermachen. Insgesamt werde es aber bis 2020 dauern, „bis wir ein Schulgebäude haben, das 30 bis 40 Jahre trägt”, sagte Hinze. Zur Frage der Modernisierung der Emmericher Schulen berichtete der Bürgermeister: „Wir haben in den vergangenen Jahren viel investiert, wir stehen im Vergleich zu anderen Städten gut da – auch wenn es immer etwas zu modernisieren gibt.” Zur Inklusion wünschte sich ein Schüler mehr Unterstützung für Lehrer und Schüler, etwa im Umgang mit Betroffenen. Dazu sagte Hinze: „Man hat das Thema bei der Einführung nicht zu Ende gedacht. Dazu müsste hier eher ein Ministerpräsident oder jemand aus der Bundespolitik sitzen – so sind wir der falsche Kreis.”

Neben weiteren Themen kam der „Fish-Bowl” am Ende auch auf den Emmericher Bahnhof zu sprechen. Dieser sei nicht behindertengerecht, merkte eine Schülerin an. „Nicht nur das”, gab Hinze ihr Recht, „der Zustand insgesamt ist nicht akzeptabel.” Ein kürzliches Gespräch mit Vertretern der Deutschen Bahn habe jedoch „nicht viel gebracht, die Bahn hat sich sehr unbeweglich gezeigt”. Einzige Zusage sei gewesen, dass der Bahnhof bis 2020 barrierefrei sein soll. Es wurde deutlich: Das ist zu wenig für den Bürgermeister – und auch für die anwesenden Jugendlichen.

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