Zwei Jahre wohnt Nina Spitz nun schon in der „WG – mal anders“, da wurde es Zeit für ein neues Türschild. Mit Mutter Michaela (r) und vielen Gästen wurde „Geburtstag“ gefeiert. NN-Foto: Rüdiger Dehnen

GOCH. „Selbstbestimmt leben“ – dieser Begriff fällt immer wieder, wenn Michaela Spitz von den Erfahrungen berichtet, die sie und ihre Tocher Nina in den vergangenen zwei Jahren mit der „WG – mal anders“ in Goch gesammelt haben.

Damals entwickelte Michaela Spitz die Idee zum WG-Projekt für junge Menschen mit Unterstützungbedarf. Denn ein Wohnheim oder eine Wohngruppe kamen für Nina, die das Down-Syndrom hat, nicht in Frage.
Selbstbestimmt leben, das heißt nämlich auch am Wochenende erst frühstücken, wenn man dazu Lust hat, Pizza zum Mittag zu bestellen, abends ausnahmsweise die Lieblingssendung zuende gucken – ohne die Bettruhe einhalten zu müssen – oder ganz einfach selber zu entscheiden, ob die Waschmaschine sonntags angeworfen wird oder nicht.

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All das geht nicht, wenn in einer Einrichtung die Personalsituation und die zeitliche Flexibilität dafür nicht gegeben sind. Und das nimmt, so Michaela Spitz, den jungen Leuten auf lange Sicht auch die auch die Chance, eine eigenständige Persönlichkeit zu entwickeln. Eine Entwicklung, die sie bei ihrer Tochter voller Stolz beobachtet hat: „In den letzten zwei Jahren ist Nina eine richtige junge Frau geworden“, freut sie sich. Nur wenn Nina eine Entscheidung nicht selber treffen oder etwas nicht alleine kann, greifen die Betreuer helfend ein. Auch multimedial ist Nina unterwegs, Pad und WhatsApp sind keine Fremdworte für sie. Am kommenden Wochenende nimmt Nina am Workshop der „Young Americans“ teil und tritt bei der großen Abschlussveranstaltung in der Klever Stadthalle auf.

„50 Prozent der Kinder mit Down-Syndrom könnten so wie Nina leben“, davon ist Michaela Spitz überzeugt. Zum einen steht ihnen ein persönliches Budget des Landschaftsverbands Rheinland (LVR) zu, mit dem Kosten abgedeckt werden können. Doch der finanzielle Aspekt ist nur eine Seite der Medaille. Zum anderen müssten viele Eltern auch erst einmal lernen, ihr Kind loszulassen, so Michaela Spitz. „Für manche sind wir hier schon wieder zu frei, da heißt es dann ,Kinder brauchen Regeln.‘“ So manch heftige Diskussion hat sie schon führen müssen und sie wurde für ihren Weg auch angefeindet. Aber ihr Motto sei stets gewesen „Geht nicht, gibt‘s nicht“ und sie ist sich sicher, dass ihr Weg der richtige ist. „Ich kann nur jeden bedauern, der es nicht versucht“, zieht Michaela Spitz für sich Bilanz, „zu sehen, wie aus dem Kind trotz Behinderung ein selbstbestimmter Mensch wird, das gibt einem eine ganze Menge zurück, Da weiß man, wofür man es getan hat.“

Wer sich für die „WG – mal anders“ interessiert, der kann sich auf der Homepage www.wg-mal-anders.de und auf Facebook www.facebook.com/WGmalanders informieren.

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