Hinter diesem Schreibtisch fühlt er sich wohl: Bürgermeister Ulrich Knickrehm in seinem Amtszimmer im Gocher Rathaus. NN-Foto: CDS

GOCH. 100 Tage sind die magische Linie, nach deren Überquerung neue Amtsinhaber eine erste Bilanz ziehen. Gochs Bürgermeister Ulrich Knickrehm, der am 22. Oktober 2015 im Rat vereidigt wurde, macht da keine Ausnahme. Im lockeren Gespräch mit der Presse möchte er die tägliche Arbeit des Stadtoberhauptes vorstellen.

Und die war vom ersten Tag an durch das Schwerpunktthema „Haushalt“ geprägt. „So etwas lässt sich nicht aus dem Ärmel schütteln, daran  arbeiten viele Menschen“, erklärt Knickrehm, der sich aber sicher ist, dass die Verwaltung mit dem vorliegenden Entwurf (die NN berichteten ausführlich) eine „belastbare Zukunftsperspektive“ geschaffen hat, die für alle Bürger zumutbar sei. Steuererhöhungen bekannt geben zu müssen ist unangenehm, das räumt Ulrich Knickrehm ein. Aber: „Ich bin auch für die schlechten Nachrichten zuständig.“ Und er möchte keine Versprechen machen, die womöglich nicht zu halten sind. So hat Knickrehm bei seiner Haushaltsrede den Teilsatz: „….mit dem Ziel, die Steuererhöhungen, die wir nun vorgenommen haben, vielleicht auch einmal wieder rückgängig machen zu können“ spontan weggelassen, obwohl dieser zunächst im Redemanuskript stand. Weitere Einsparmöglichkeiten würden zudem geprüft; so soll unter anderem die Stelle des Stadtbaurates nicht wieder besetzt werden; die Aufgaben übernehmen dann Mitarbeiter der Verwaltung. „Das schlägt sich mit 74.000 Euro im Jahr nieder“, sagt Knickrehm. Entlassungen, das betonte er, werde es aber nicht geben: „Wir wollen die natürliche Fluktuation ausnutzen und schauen, wo eventuell Personal nachbesetzt werden muss.“

-Anzeige-
[quote_left]”Ich bin auch für die schlechten Nachrichten zuständig.”[/quote_left]

Nachfragen, ob die Versetzung des ehemaligen Stadtarchivars Hans-Joachim Koepp wieder rückgängig gemacht werden könnte, erteilt Knickrehm eine Absage: „Dazu sehe ich keine Veranlassung, es nützt nichts, an allen Dingen neu zu drehen.“ Er habe mit Koepp gesprochen; dieser nehme seine Aufgaben als Leiter des Standesamtes gewissenhaft und gerne wahr.

Knickrehm bremst auch Erwartungen nach einer schnellen Lösung für die finanziellen Probleme: „Weitere Einsparungen im Haushalt lassen sich nicht in zwei bis drei Monaten, oder zwei bis drei Jahren schaffen; das ist ein langjähriger Prozess. Die Funktionsfähigkeit der Verwaltung muss ja dabei auch erhalten bleiben.“ Gleichwohl gelte es, städtische Gesellschaften auf den Prüfstand zu stellen. Auf selbigen gestellt, fühlte er sich bei seinem Amtsantritt aber nicht: „Ich bin auf eine offene und angenehme Art hier im Hause empfangen worden.“ Mit ihm als Anfänger im Amt sei man höchst professionell umgegangen. Große Überraschungen habe es nicht gegeben: „Ich komme ja aus der Verwaltung.“ Ulrich Knickrehm war Richter am Landgericht in Kleve.

Ein wichtiges Thema war und ist in Goch die Flüchtlingskrise. Auch hier spricht der Verwaltungschef seinen Mitarbeitern ein großes Lob aus. Ordnungsamt, Vermögensbetrieb und alle, die daran beteiligt sind, hätten hervorragende Arbeit geleistet: „Wir schaffen es, die Menschen dezentral unterzubringen und konnten bislang städtische Massenunterkünfte vermeiden.“ Daran wolle man auch weiterhin festhalten.

Ulrich Knickrehm hat wieder eine Bürgersprechstunde ins Leben gerufen; die bisherigen Termine waren bestens besucht. Die nächste Sprechstunde am 17. März ist bereits ausgebucht. NN-Foto: CDS
Ulrich Knickrehm hat wieder eine Bürgersprechstunde ins Leben gerufen; die bisherigen Termine waren bestens besucht. Die nächste Sprechstunde am 17. März ist bereits ausgebucht. NN-Foto: CDS

Themen für die kommenden Monate und Jahre sind die Entwicklung der städtischen Jugendarbeit – hier lässt die Verwaltung zurzeit den Bedarf ermitteln und will daran ihr künftiges Handeln ausrichten – sowie die Erschließung des ehemaligen Reichswaldkasenen-Geländes. Dort ensteht ein neuer Stadtteil. 40 Grundstücke sollen in die Vermarktung kommen. „Wir hoffen, dass wir Investoren gewinnen, die unsere städtbaulichen Vorstellungen mittragen“, so Ulrich Knickrehm. Rund um einen See, der noch in diesem Jahr angelegt werden soll, ist im südlichen Teil Geschoss-Wohnungsbau ge-plant, im nördlichen Teil sollen Einfamilienhäuser gebaut werden. Knickrehm kann sich sehr gut vorstellen, die Bürger in die Namensfindung für das neue Stadtquartier miteinzubeziehen.

Das Miteinander möchte Ulrich Knickrehm auch in der politischen Auseinandersetzung pflegen. „Es ist ja zum ersten Mal so, dass ein Bürgermeister in Goch keine eigene politische Mehrheit hat.“ Das sieht er aber nicht als Schwierigkeit, im Gegenteil: „Ich habe kein Problem damit, wenn die Politik eine Verwaltungsvorlage abändert.“ Das Beispiel Parkraumbewirtschaftung zeige, dass dabei ein sehr gutes Ergebnis für die Bürger herausgekommen sei; die Parkgebühren seien kein „Aufreger“ mehr. „Wir suchen den Dialog untereinander und der findet auch statt“, sagt Knickrehm mit Blick auf die Fraktionen. Der raue Ton des Wahlkampfes liege hinter allen Beteiligten, nun stehe die sachliche Diskussion im Vordergrund. Kein Wunder, dass der Verwaltungschef ein positives Fazit der ersten Monate im Amt zieht: „Mir gefällt‘s, ich möchte nicht wieder zurück.“

Vorheriger ArtikelDas Rheinmuseum im virtuellen Rundgang erleben
Nächster ArtikelDrohen Steuererhöhungen?