KRANENBURG. Der Anruf: Montagvormittag, 11.30 Uhr. Der Kollege: „Na, schon was vor am Mittwoch?“ VVV: Vorsicht, Fangfrage. Sagst du „Nein!“, geht dir vielleicht die Jahrhundert-Geschichte verloren, sagst du „Ja“, …
Also: Die Radio-Eriwan-Antwort: „Das hängt davon ab.“ Der Konter folgt sofort: „Lust auf FKK?“, fragt der Kollege nebulös. „Nö. Is nix für mich. Müsste ich erst ins Fitness-Studio.“ „Nicht nötig“, sagt der Kollege, „nicht, was du denkst?“ „Was denn dann?“ „Frauenkarneval Kranenburg.“ „Danke fürs Gespräch.“ Letzter Fluchtversuch: „Wäre das nix für den Rüdi?“ Dann der Fangschuss: „Der Rüdi hat doch dienstags und mittwochs frei.“ (Wusste ich doch, aber einen Versuch war‘s schließlich wert.) Also: Kamera durchgeladen und ab dafür. (Wollte man das nicht immer schon mal?) Die Wirklichkeit trifft ein und raunt ins Ohr: „Mann vielleicht, aber du nicht.“ Also: Rein ins Bürgerhaus. Nurmasodummkucken. (Der  Kopf sagt: „Das kannst du doch überhaupt am besten.“ „Danke, du mich auch.“)

Im Bürgerhaus stept der Bär. Lauter Frauen. Laute und leise. Auf der Bühne: Eine Feuerwehrdame mit Heiligenschein. Hinten tummeln sich ein paar Kollegen. Draußen auf der Großen Straße: Der Prinzenbus. Also darf man fragen: „Na, war der Prinz schon da?“ „Kommt. Nach dieser Nummer.“ Immerhin: Gutes Timing. Die Stimmung im Saal: Gut. Es wird gelacht. Es wird getuscht. (Wie schreibt man eigentlich Tusch?) Wikipedia sagt: Tusch kommt aus dem Fronßösischsch. Eigentlich heißt es „touche“, und das heißt „Anschlag“. Besser nicht sagen. Immerhin: Die Feuerwehrfrau sammelt einen Tusch nach dem anderen. Am Ende erhebt sich der Saal. (Oder muss es heute ‚die Sälin‘ heißen? Und schreibt man das dann mit Doppel-Ä? Andere Baustelle.)
Hinten im Saal macht sich die Prinzenkolonne zum Entern des Saals bereit. (Immerhin: Es sind noch andere Männer im Saal.) Dann der Einmarsch. Die Hymne sagt: Der Prinz kommt aus der Stadt mit K. Okay: Kleve? Dafür würde es natürlich Ohrfeigen geben. Köln kann‘s auch nicht sein. Bleibt nur … natüüürlich: Kranenburg. Der Prinzenaufmarsch fetzt. Aber sowas von! Fast ist mann geneigt, drei Rufzeichen zu setzen. Die Garde führt ein Ortseingangsschild mit. Klar – die Stadt mit K. Haltstopp? Kranenburg ist doch gar keine … Also bitte, das gehört jetzt nicht hierhin. Der Einmarsch: Bombastisch. Die Gardisten führen gelbe Rosen mit und verteilen sie unters Frauenvolk. Das kommt an. Aber sowas von! Man wird zum Tauschhandelszeugen: Blümchen gegen Bützchen.

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Viel Vergnügen
Viel Vergnügen

Das Lied mit der K-Stadt haut rein. Das könnten die jetzt wahrscheinlich stundenlang singen. Es ist ja auch leicht zu lernen – man muss nur buchstabenfest sein. Kein Problem für Schreiberling. Die Damen im Saal gehen richtig ab. Manche steigen auf Stühle, andere stehen einfach mal auf. Geschmückt sind sie fast alle. Manche schlicht, andere haben richtig dick aufgetragen. (Es ist wie im richtigen Leben. Vorsicht: Bloß nichts Falsches schreiben. Das könnte mit einem Zwangsumzug enden!) Das Ganze ist keine Begrüßung. Das hier ist eine Art Ausbruch. Eine Naturgewalt. Der Prinz versichert glaubhaftestens, das hier sei der größte Einmarsch bisher gewesen. Hätte man eine Teleobjektiv, ließe sie eine Prinzengänsehaut fotografieren. Mannomann. Frauofrau. Der Saal tobt.

Tausche Rose gegen Bützchen
Tausche Rose gegen Bützchen

Dann das nächste Lied. „Aral, Aral – eine Tanke, viele Säulen.“  So kann es weitergehen. Mann hofft, dass die Mädels es nicht zu doll treiben, schließlich geht es doch am nächsten Tag erst richtig los: Weiberfastnacht. (Wahrscheinlich haben die deshalb zeitig angefangen. Frau muss ja noch ruhen, bevor es richtig losgeht.) Fürs nächste Jahr gleich mal vormerken: FKK im Bürgerhaus. Gibt‘s schon ein Datum? Heiner Frost

Natürlich einer der Höhepunkte: Der Auftritt von Prinz und Funkenmariechen nebst Hofstaat.
Natürlich einer der Höhepunkte: Der Auftritt von Prinz und Funkenmariechen nebst Hofstaat.
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