Sie stricken aus Freude und Dankbarkeit: (v.l.) Marlene Schumacher, Ulrike Heetlage und Helga Peters zeigen, wie viel sie bereits in letzter Zeit gestrickt haben. NN-Foto: Anastasia Borstnik

KLEVERLAND. Sie stricken für Babys, für sehr kleine Babys, deren Köpfchen gerade einmal so groß sind wie eine geballte Faust und deren Füßchen so lang sind wie der Daumen. Und sie, gemeint ist die Strickgruppe um Ulrike Heetlage, laden Interessierte dazu ein, mitzumachen.

48 Maschen zählt das Maß eines Söckchens für ein Frühchen – im Vergleich: 64 Maschen braucht eine Socke eines Erwachsenen. Und 48 Maschen auf vier Nadeln zu verteilen ist nicht so leicht, weiß Ulrike Heetlage. Selbst die „Faustregel“ ist als Größenangabe für die Kleinen meist zu groß. „Da müssen die Eltern die Mütze sogar umkrempeln, damit sie passt“, erzählt Heetlage,  die die Strick-Aktion für Frühchen ab Oktober starten möchte.  Jeden zweiten Donnerstag, ab 1. Oktober, können Interessierte in der Zeit von 10 bis 12 Uhr ins Pfarrheim der katholischen Kirchengemeinde „Zur Heiligen Familie“ an der Dorfstraße 25 in Kleve kommen und zusammen stricken.
Lange hat man nach passenden Räumlichkeiten für die Aktion gesucht und sie dann endlich in Materborn  gefunden. „Wir haben dem Pastor unserer Anliegen vorgetragen und er war sofort einverstanden“, erzählt sie.
Heetlage strickt mit den anderen Damen bereits seit vier Jahren regelmäßig in einem Stricktreff, aber in dieser Form, für kleine Babys zu stricken, gab es den Treff noch nicht. Und das wollte sie ändern, erzählt Heetlage. Sie mache es aus persönlicher Überzeugung – aber vor allem aus Dankbarkeit. „Mein erstes Kind, der heute 25 Jahre zählt, kam auch zu früh auf die Welt. Im Krankenhaus haben sie sich so fürsorglich um uns beide gekümmert, dass ich ihnen dafür danken möchte, in dem ich Socken, Mützen und Fäustlinge mit den anderen stricke“, erzählt sie.
Regelmäßig bringt sie die gestrickten Sachen ins Klever Krankenhaus auf die Frühchen-Station. Rund 170 bis 200 Stricksachen kommen da in einem halben bis dreiviertel Jahr zusammen. Bei ihren Krankenhausbesuchen darf auch ein Teilnehmer des Stricktreffs am Donnerstag mitgehen, um vor Ort zu sehen, für wen die Sachen bestimmt sind. Ein Teil davon geht auch ans Emmericher Willibrord-Klinikum. „Hierfür stricken wir ausschließlich normale Babysachen“, betont sie.
Eine der strickenden Damen hat sich sogar einem besonderen Thema angenommen, das leider nicht mit viel Glück und Freude verbunden ist, aber dennoch ein Stück Lebensmut wiedergeben soll: Helga Peters strickt für „Sternenkinder“, also Kinder die ihren  ersten Geburtstag nie erlebt haben, Säckchen und Wickeltücher für ihren letzten Weg.  „Meine Mutter hatte auch ein Kind verloren und erzählte mir, wie es war“, sagt Peters. „Ich stricke für diese Kinder, weil ich es unpersönlich finde, wenn die Kleinen nur in einem weißen Leinen gehüllt zu Grabe getragen werden.“
Sie weiß, dass die Auseinandersetzung mit dem Thema schwierig ist, aber sie möchte den Betroffenen eine „verträglichere“ Lösung an die Hand geben, damit die Eltern ihr Kind so besser in Erinnerung behalten. Bei den Tüchern hängt, an einer Sicherheitsnadel befestigt, ein kleines Stück Tuch in der selben Farbe wie das große Tuch, dass die Eltern als Erinnung behalten können und die Situation damit vielleicht besser verarbeiten können, sagt sie.
„Es ist sehr traurig, aber wir hoffen, den betroffenen Eltern damit ein Stück zu helfen“, sagt sie. Die Liebe zu den Kleinen steht bei allen Damen des Stricktreffs ganz oben. „Wir freuen uns, wenn es andere genauso empfinden und mit uns für die Frühchen stricken möchten“, ergänzt sie. „Jeder ist willkommen – ob er erst noch Stricken lernen muss oder ein Profi an der Stricknadel ist.“ Wenn möglich, bitten die Damen, dass die Teilnehmer eigenes Strickzeug zum Treff mitbringen.  Auch Wollspenden sind jederzeit willkommen.

-Anzeige-
Vorheriger ArtikelSchülergenossenschaft erntet ersten Honig
Nächster ArtikelUlrich Knickrehm wird neuer Bürgermeister in Goch