Wer bin ich – wo will ich hin?

In einem Freiwilligen Sozialen Jahr fand Dustin Awater aus Xanten Antworten auf diese Fragen

NIEDERHEIN. Dustin Awater aus Xanten ist einer von denen, die das sogenannte Turbo-Abitur gemacht haben. 2014 stand er dann da – mit 17 Jahren sollte er entscheiden, welcher Beruf später einmal der richtige für ihn wäre. Er war unsicher, wie viele seiner Altersgenossen. Deshalb entschied er sich dazu, erst mal ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) zu absolvieren in der Hoffnung, in dieser Zeit mehr über sich selbst zu erfahren.

Diese Hoffnung hat sich für Dustin erfüllt: „Ich habe so viel über mich selbst gelernt, so viele Erfahrungen gemacht, dass ich jetzt tatsächlich genau weiß: das ist mein Ding, das möchte ich machen.” Sein Ding – das ist der Umgang mit Menschen, die ein Handicap haben. Dustin hat sein FSJ in Hamfelde bei Hamburg verbracht, in der Hermann-Jülich Wohn- und Werkgemeinschaft für seelenpflegebedürftige Erwachsene. Dort hat er gewohnt und in der Papierwerkstatt die Menschen betreut, die Bücher mit Spiralbindung in allen Variationen anfertigen. Nie spricht Dustin von „behinderten” Menschen, wenn er aus dem Jahr erzählt, sondern immer nur von den Betreuten. Und eins hat er von Anfang an gelernt – dass die Menschen auch bei einheitlichem Krankheitsbild völlig unterschiedlich sind. „Ich wurde von Anfang an sofort voll in die Arbeit integriert. Ich musste die Menschen, mit denen ich dort zusammenlebte, kennenlernen und herausbekommen, wie ich am besten mit ihnen um­gehe. Aber ich habe nichts über die jeweiligen Krankheitsbilder erfahren, es ging nur darum, den Menschen zu sehen und nicht die Krankheit.”

An dem Fotoalbum, das ihm „seine“ Betreuten zum Abschied liebevoll zusammengestellt haben, hat Dustin viel Spaß. NN-Foto: I. Maas
An dem Fotoalbum, das ihm „seine“ Betreuten zum Abschied liebevoll zusammengestellt haben, hat Dustin viel Spaß.
NN-Foto: I. Maas

Zwar war immer eine Fachkraft in der Nähe, die er hätte fragen können, aber den richtigen Umgang mit seinen Betreuten, den musste er erst mal selbst herausfinden. War es schwer? „Ja, am Anfang schon. Bei einigen musste man sehr viel über die Gefühlsebene arbeiten und ertragen, dass Emotionen ganz deutlich gezeigt werden. Und dabei musste man manchmal auch hart bleiben, selbst wenn Tränen flossen. Nur eins durfte man nicht haben: Mitleid. Denn das kommt gar nicht gut an und würde von vielen auch ausgenutzt. Mein Chef Mike hat mir gesagt: ‚Auf emotionaler Ebene sind wir die Behinderten‘ und dieser Satz hat sich oft genug bewahrheitet.” Neben der Arbeit mit seinen Schützlingen hat Dustin, wie alle FSJ‘ler, fünf einwöchige Seminare besucht, in denen es zum Beispiel um Kommunikationstheorien und Anthroposophie ging – Themen, die auf dem Weg zur Weiterentwicklung der eigenen Zukunft sehr hilfreich waren. Dustin wird jetzt in Nijmegen Sozialpädagogik+ studieren, ein ganz neuer Studiengang, der ihm das Arbeiten im Grenzgebiet ermöglicht. Die Ausbildung befähigt allgemein für das Arbeiten mit Kindern, Jugendlichen, Erwachsenen oder alten Menschen, aber er möchte auf jeden Fall im Bereich Erwachsene tätig werden. Über sein soziales Jahr zieht er jedenfalls ein absolut positives Fazit: „Es war unglaublich interessant und ich habe ganz viel über mich selbst gelernt. Außerdem habe ich auch FSJ‘ler aus vielen anderen Ländern getroffen und mich oft mit denen unterhalten, das war auch spannend. Ich kann jedem nur empfehlen, vor der Entscheidung für seinen Beruf so ein Jahr einzulegen.” Dass er das Richtige für sich gefunden hat, beweist auch sein Arbeitszeugnis: Es ist einfach umwerfend positiv und man hört förmlich das Bedauern heraus, dass er nicht in Hamburg geblieben ist. Aber so schwer es auch fiel: Dustin beendete das Jahr mit dem symbolischen Abschluss aller dortigen FSJ‘ler: einem Sprung übers Feuer. „Und in dem Moment wusste ich: das war für mich der Sprung in mein zukünftiges Leben.”

 

-Anzeige-
Vorheriger ArtikelWuppertrio spielt von Klassik bis Jazz
Nächster ArtikelCladder‘s Hoffest am Samstag in Winnekendonk